Die Mitverantwortung der USA und der NATO – vor der Osterweiterung der NATO wurde mehrfach gewarntVon Christian Müller Fast alle westlichen Medien berichten und kommentieren jetzt zum Krieg in der Ukraine, als ob dieser eine totale Überraschung wäre. Seit 1994 aber haben russische, US-amerikanische und andere Top-Politiker und Politologen vor einer Erweiterung der NATO nach Osten ausdrücklich gewarnt. Doch Bill Clinton wollte die Erweiterung – unausgesprochen, aber klar erkennbar gegen Russland. Noch immer wird eine Mitverantwortung der USA und der NATO und damit implizite auch etlicher europäischer Staaten am Krieg in der Ukraine bestritten. Es drängt sich deshalb auf, die schon seit 1994 ausgesprochenen und bekanntgewordenen Warnungen prominenter Politiker und Politologen, eine NATO-Osterweiterung sei für den Frieden in Europa ein Hindernis und müsse von Russland als echte Bedrohung verstanden – und beantwortet – werden, in Erinnerung zu rufen. Von russischer Seite warnte vor einer Osterweiterung der NATO schon der damalige russische Staatspräsident Boris Jelzin am 5. Dezember 1994 , etwas mehr als drei Jahre, nachdem das Gegenbündnis zur NATO, der Warschauer Pakt, von russischer Seite freiwillig aufgelöst worden war, an einem internationalen Gipfeltreffen in Budapest. Und seine Warnung wurde unübersehbar auf der Frontseite der "New York Times" vom 6. Dezember 1994 publiziert. Und ein paar Monate später, im Mai 1995, an den Feierlichkeiten "50 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges" in Moskau, warnte Boris Jelzin seinen US-amerikanischen Amtskollegen Bill Clinton erneut: "Wenn ich zustimmen würde, dass die Grenzen der NATO bis an die Grenzen Russlands ausgeweitet werden, wäre das ein Verrat am russischen Volk." Die Details zu dieser Aussage können im mittlerweile öffentlich zugänglichen US-National-Security-Archiv nachgelesen werden. Der "verhängnisvollste Fehler"Auch in den USA wurde gewarnt – von höchst prominenter Seite. George F. Kennan, ein hochgebildeter, neben seiner Muttersprache Englisch auch Deutsch und Russisch sprechender Historiker und Diplomat, der selber von 1933 bis 1937 auf der US-Botschaft in Moskau im Einsatz war, warnte – und auch er in der "New York Times": am 5. Februar 1997. Und er warnte mit drastischen Worten: "Eine Erweiterung der Nato wäre der verhängnisvollste Fehler der amerikanischen Politik in der gesamten Ära nach dem Kalten Krieg. Es ist zu erwarten, dass eine solche Entscheidung die nationalistischen, antiwestlichen und militaristischen Tendenzen in der russischen Meinung anheizt … Die Russen sind wenig beeindruckt von den amerikanischen Versicherungen, eine Erweiterung der Nato finde ohne feindselige Absichten statt. Sie würden ihr Prestige (das in der russischen Meinung immer an erster Stelle steht) und ihre Sicherheitsinteressen als beeinträchtigt ansehen." "Der tiefgreifendste strategische Fehler"Auch Jack F. Matlock Jr, der US-Botschafter in der Sowjetunion von 1987 bis 1991, warnte mit klaren Worten : "1997, als die Frage der Aufnahme weiterer NATO-Mitglieder aufkam, wurde ich gebeten, vor dem Ausschuss für auswärtige Beziehungen des Senats auszusagen. In meinen einleitenden Bemerkungen machte ich die folgende Aussage: ‘Ich halte die Empfehlung der Regierung, zum jetzigen Zeitpunkt neue Mitglieder in die NATO aufzunehmen, für fehlgeleitet. Sollte sie vom Senat der Vereinigten Staaten angenommen werden, könnte sie als der größte strategische Fehler seit dem Ende des Kalten Krieges in die Geschichte eingehen. Weit davon entfernt, die Sicherheit der Vereinigten Staaten, ihrer Verbündeten und der Staaten, die dem Bündnis beitreten wollen, zu verbessern, könnte sie eine Kette von Ereignissen auslösen, die zur größten Sicherheitsbedrohung für diese Nation seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion führen könnte.’" Auch William Perry, US-Verteidigungsminister unter Bill Clinton 1994 bis 1997, plädierte für andere Wege der Sicherheit für Europa als mit einer NATO-Erweiterung. "Die im Entstehen begriffene Europäische Union hätte der Kanal sein können, um die demokratische Entwicklung in den postsowjetischen Ländern zu konsolidieren. Oder Europa hätte sich über die multinationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung engagieren können, oder sogar durch eine Konzentration auf engere Beziehungen zu einzelnen Ländern. Aber Washington entschied sich für die NATO." Und in seinen Erinnerungen erwähnt William Perry, er wäre der Entscheidung Washingtons für die NATO-Erweiterung wegen fast zurückgetreten. "Eine erweiterte NATO ist eine furchtbare, potenziell katastrophale Idee."Ted Galen Carpenter, ehemaliger Direktor des "Cato Institute" in den USA und Autor von zwölf Büchern, darunter "NATO: Der gefährliche Dinosaurier" (2019), schrieb im Jahr 1997 den Artikel "The Folly of NATO Enlargement" (Der Wahnsinn der NATO-Erweiterung". Darin finden sich folgende Aussagen: "Die Ausweitung des Bündnisses an die Grenzen Russlands droht die Beziehungen Moskaus zum Westen zu vergiften und zu gefährlichen Konfrontationen zu führen. Die Ausweitung von Sicherheitsverpflichtungen auf Länder in Russlands geopolitischem ‹Hinterhof› lädt geradezu ein zu neuen Problemen." "Beamte der Clinton-Regierung und andere Befürworter der NATO-Erweiterung erklären, sie seien verblüfft über die feindselige Reaktion Moskaus. Doch selbst der friedfertigste russische Staatschef würde ein von den USA dominiertes Militärbündnis an der Westgrenze seines Landes nur schwer tolerieren." "Die Veränderungen, die nach dem Kalten Krieg in der militärischen Ausrichtung der NATO stattgefunden haben, verstärken die russischen Befürchtungen. Während des Kalten Krieges konnten die westlichen Staats- und Regierungschefs glaubhaft argumentieren, dass das Bündnis nur dazu diene, das Territorium der Mitgliedsstaaten vor Angriffen zu schützen. Da sich die NATO jedoch in „out of area“-Einsätze gewagt hat, vor allem in Bosnien, und prominente Befürworter des Bündnisses wie der ehemalige Außenminister James Baker dafür plädieren, dass die NATO „überall und unter allen Umständen“ eingreift, wenn der Frieden und die Stabilität in Europa bedroht sind, verfolgt das Bündnis nun eindeutig sowohl offensive als auch defensive Ziele." "Und die Russen werden sich wahrscheinlich daran erinnern, dass der Westen die vorübergehende Schwäche ihres Landes ausgenutzt hat, um die Vorherrschaft in ganz Mittel- und Osteuropa zu erlangen. Die NATO-Erweiterung könnte daher in den 1990er Jahren das Äquivalent zum Vertrag von Versailles werden, der die Saat für Rache und einen enorm zerstörerischen Krieg gelegt hat." "Eine erweiterte NATO ist eine furchtbare, potenziell katastrophale Idee. Anstatt die Wunden des Kalten Krieges zu heilen, droht sie eine neue Teilung Europas und eine Reihe gefährlicher Sicherheitsverpflichtungen für die Vereinigten Staaten zu schaffen." "Den grössten Teil der Verantwortung für die Krise"Eine höchst prominente Stimme, die für die Geschehnisse in der Ukraine im Jahr 2014 – inklusive der Wiedervereinigung der Krim mit Russland – klar den Westen verantwortlich machte, war John J. Mearsheimer, Professor für Politologie und spezialisiert auf internationale Beziehungen an der Universität Chicago. Im Herbst 2014 veröffentlichte er in der international bekannten US-Monatszeitschrift "Foreign Affairs" unter dem Titel "Warum die Ukraine-Krise die Schuld des Westens ist" einen langen Artikel, aus dem hier einige Passagen zitiert seien: "Die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten tragen den größten Teil der Verantwortung für die Krise. Die Wurzel des Übels ist die NATO-Erweiterung, das zentrale Element einer umfassenderen Strategie, um die Ukraine aus der Umlaufbahn Russlands herauszuholen und sie in den Westen zu integrieren. Gleichzeitig waren die EU-Osterweiterung und die Unterstützung des Westens für die pro-demokratische Bewegung in der Ukraine – beginnend mit der Orangenen Revolution im Jahr 2004 – ebenfalls entscheidende Elemente. Seit Mitte der 1990er Jahre lehnt die russische Führung die NATO-Erweiterung strikt ab und hat in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass sie nicht tatenlos zusehen würde, wie ihr strategisch wichtiger Nachbar zu einer westlichen Bastion wird. Für Putin war der illegale Sturz des demokratisch gewählten und pro-russischen Präsidenten der Ukraine – den er zu Recht als „Putsch“ bezeichnete – der letzte Strohhalm." "Kein russischer Staatschef würde dulden, dass ein Militärbündnis, das bis vor kurzem Moskaus Todfeind war, in die Ukraine einmarschiert. Auch würde kein russischer Staatschef tatenlos zusehen, wie der Westen dort eine Regierung einsetzt, die die Ukraine in den Westen integrieren will." "Washington mag die Position Moskaus nicht mögen, aber es sollte die Logik dahinter verstehen. Das ist das Einmaleins der Geopolitik: Großmächte reagieren immer sensibel auf potenzielle Bedrohungen in der Nähe ihres eigenen Territoriums. Schließlich dulden die USA auch nicht, dass entfernte Großmächte irgendwo in der westlichen Hemisphäre militärische Streitkräfte stationieren, geschweige denn an ihren Grenzen. Stell dir die Empörung in Washington vor, wenn China ein beeindruckendes Militärbündnis aufbauen und versuchen würde, Kanada und Mexiko in dieses einzubeziehen. Abgesehen von dieser Logik hat die russische Führung ihren westlichen Amtskollegen bei vielen Gelegenheiten mitgeteilt, dass sie die NATO-Erweiterung in Georgien und der Ukraine für inakzeptabel hält, ebenso wie jeden Versuch, diese Länder gegen Russland aufzubringen – eine Botschaft, die auch der russisch-georgische Krieg 2008 deutlich gemacht hat." "Es gibt jedoch eine Lösung für die Krise in der Ukraine – auch wenn sie vom Westen ein grundlegend neues Denken über das Land erfordert. Die USA und ihre Verbündeten sollten ihren Plan, die Ukraine zu verwestlichen, aufgeben und stattdessen versuchen, das Land zu einem neutralen Puffer zwischen der NATO und Russland zu machen, so wie es Österreich während des Kalten Krieges getan hat. Die westlichen Staats- und Regierungschefs sollten anerkennen, dass die Ukraine für Putin so wichtig ist, dass sie ein antirussisches Regime dort nicht unterstützen können. Das würde nicht bedeuten, dass eine zukünftige ukrainische Regierung pro-russisch oder anti-NATO sein muss. Im Gegenteil, das Ziel sollte eine souveräne Ukraine sein, die weder dem russischen noch dem westlichen Lager angehört." "Es ist an der Zeit, die westliche Unterstützung für eine weitere Orange Revolution zu beenden. Dennoch sollten die USA und Europa die Ukraine ermutigen, die Rechte von Minderheiten zu respektieren, insbesondere die Sprachrechte der russischsprachigen Bevölkerung." "Man hört auch die Behauptung, dass die Ukraine das Recht hat zu bestimmen, mit wem sie sich verbünden will und die Russen kein Recht haben, Kiew daran zu hindern, sich dem Westen anzuschließen. Das ist eine gefährliche Art und Weise, wie die Ukraine über ihre außenpolitischen Entscheidungen denkt. Die traurige Wahrheit ist, dass Macht Recht schafft, wenn Großmachtpolitik im Spiel ist. Abstrakte Rechte wie das Selbstbestimmungsrecht sind weitgehend bedeutungslos, wenn sich mächtige Staaten mit schwächeren Staaten streiten. Hatte Kuba das Recht, während des Kalten Krieges ein Militärbündnis mit der Sowjetunion einzugehen? Die Vereinigten Staaten sahen das sicher nicht so, und die Russen denken genauso über einen Beitritt der Ukraine zum Westen. Es liegt im Interesse der Ukraine, diese Tatsachen zu verstehen und im Umgang mit ihrem mächtigeren Nachbarn vorsichtig zu sein." "Selbst wenn man diese Analyse ablehnt und glaubt, dass die Ukraine das Recht hat, einen Antrag auf Beitritt zur EU und zur NATO zu stellen, bleibt die Tatsache bestehen, dass die USA und ihre europäischen Verbündeten das Recht haben, diese Anträge abzulehnen. Es gibt keinen Grund, dass der Westen der Ukraine entgegenkommen muss, wenn sie eine falsche Außenpolitik verfolgt, vor allem, wenn ihre Verteidigung für sie kein lebenswichtiges Interesse darstellt. Die Träume einiger Ukrainerinnen und Ukrainer zu befriedigen, ist die Feindseligkeit und den Zwist nicht wert, den es verursachen wird, vor allem nicht für das ukrainische Volk." "Eines Tages werden die Vereinigten Staaten auch Russlands Hilfe brauchen, um ein aufstrebendes China einzudämmen. Die aktuelle US-Politik treibt Moskau und Peking jedoch nur noch näher zusammen." "Die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten stehen in Bezug auf die Ukraine nun vor einer Entscheidung. Sie können ihre derzeitige Politik fortsetzen, was die Feindseligkeiten mit Russland verschärfen und die Ukraine zerstören würde – ein Szenario, bei dem alle als Verlierer dastehen würden. Oder sie können einen anderen Weg einschlagen und sich für eine wohlhabende, aber neutrale Ukraine einsetzen, die keine Bedrohung für Russland darstellt und es dem Westen ermöglicht, seine Beziehungen zu Moskau zu verbessern. Mit diesem Ansatz würden alle Seiten gewinnen." All das hat John J. Mearsheimer schon im Herbst 2014 geschrieben. Der ganze Artikel kann hier gelesen oder heruntergeladen werden. Und Mearsheimer hat jetzt, im Jahr 2022 nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, öffentlich bekanntgegeben, dass er diese damals geäusserte Meinung auch heute hat und dass die neuste Situation seine Prognose ja sogar voll bestätigt hat . Im gleichen Jahr 2014 schrieb auch der ehemalige Aussenminister und aussenpolitische Berater mehrerer US-Präsidenten Henry Kissinger wörtlich : "Die Ukraine sollte nicht NATO-Mitglied werden, eine Position, die ich schon vor sieben Jahren vertrat, als es zuletzt ein Thema war." Noam Chomsky, emeritierter Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT), einer der bekanntesten Intellektuellen der USA, warnte 2015 aus Anlass des Euromaidans in Kiev vor der Erweiterung der NATO auf die Ukraine: "Wir können uns zum Beispiel vorstellen, wie die USA während des Kalten Krieges reagiert hätten, wenn der Warschauer Pakt sich auf Lateinamerika ausgedehnt hätte und Mexiko und Kanada nun planten, dem Warschauer Pakt beizutreten." Auch der bekannte US-amerikanische Russistiker, der emeritierte Professor der Princeton University und der New York University, Stephen F. Cohen, analysierte im Jahr 2017 die Folgen der NATO-Osterweiterung : "Die NATO-Erweiterung hat auch zu politisch-ideologischen Unsicherheiten geführt. Die unaufhörliche und allgegenwärtige Medienpräsenz der NATO und ihre Lobbyarbeit in den westlichen Hauptstädten, insbesondere in den USA, waren eine wichtige Triebfeder für den neuen Kalten Krieg und die grassierende Russophobie. Ein gefährliches Ergebnis ist das nahe Ende der amerikanischen Diplomatie gegenüber Russland und die fast vollständige Militarisierung der amerikanisch-russischen Beziehungen. Das allein ist schon eine tiefe Quelle der Unsicherheit, ja sogar des möglichen Krieges mit Russland." "Der Grund für die NATO-Erweiterung ist Russland"Aber auch Top-Politiker außerhalb Russlands, außerhalb der USA und ausserhalb Europas, Top-Politiker, die die geopolitische Situation um Europa und Russland von der anderen Seite der Welt aufmerksam beobachteten, beurteilten die NATO-Osterweiterung als äusserst gefährlich. Als Beispiel sei hier John Paul Keating zitiert – er war von 1991 bis 1996 Australiens Premierminister –, der schon im September 1997 an der "University of New South Wales" in Sidney ein äusserst beachtenswertes Seminar mit dem Thema "Ein Ausblick auf Europa" hielt. Auch hier ein paar Zitate seiner Analyse : "Ich glaube, dass die Entscheidung, die NATO zu erweitern, ein grosser sicherheitspolitischer Fehler in Europa ist." "Die Entscheidung, die NATO zu erweitern, indem man Polen, Ungarn und die Tschechische Republik zur Teilnahme einlädt und sie anderen in Aussicht stellt – mit anderen Worten, Europas militärische Demarkationslinie an die Grenzen der ehemaligen Sowjetunion zu verlegen – ist meiner Meinung nach ein Fehler, der am Ende mit den strategischen Fehleinschätzungen gleichzusetzen ist, die Deutschland zu Beginn dieses Jahrhunderts daran gehindert haben, seinen vollen Platz im internationalen System einzunehmen." "Die Russen haben unter Michail Gorbatschow zugestanden, dass Ostdeutschland als Teil eines vereinten Deutschlands in der NATO bleiben kann. Aber jetzt, nur ein halbes Dutzend Jahre später, ist die NATO bis an die Westgrenze der Ukraine herangerückt. Diese Botschaft kann nur auf eine Weise gelesen werden: Obwohl Russland eine Demokratie geworden ist, bleibt es im Bewusstsein Westeuropas der Staat, den man im Auge behalten muss, der potenzielle Feind." "Was immer auch der Ständige Gemeinsame NATO-Russland-Rat für eine Augenwischerei betreibt, jeder weiß, dass Russland der Grund für die NATO-Erweiterung ist." … aber der US-Präsident wollte es besser wissenAller Warnungen zum Trotz wurden am 12. März 1999 Polen, Tschechien und Ungarn in die NATO aufgenommen und damit die Osterweiterung der NATO in Richtung Russland aktiv gestartet. Und seither wurden elf weitere Länder an oder nahe der russischen Grenze in die NATO aufgenommen. Nachdem die USA und weitere NATO-Länder der Ukraine immer mehr Waffen lieferten und hohe US-Militärs die ukrainische Armee in der Kriegsführung über Jahre hinweg instruierten und ausbildeten und auf diese Schulungen sogar besonders stolz waren, verlangte Russland im Dezember 2021 von den USA und von der NATO Sicherheitsgarantien. Beide lehnten mündlich und dann auch schriftlich ab, beide weigerten sich, irgendwelche Garantien abzugeben, und beide weigerten sich zuzusichern, dass die Ukraine nie in die NATO aufgenommen werde. Sie machten das Gegenteil: Sie beschleunigten und intensivierten sogar die Waffenlieferungen an die Ukraine. Und die Kiever Armee und die mit ihr kooperierenden Milizen starteten im Bürgerkrieg im Donbass auf Betreiben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine neue Welle von Bombardierungen. Aber davon wollen nach dem Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 die allermeisten westlichen Medien nichts mehr wissen. Sie wollen einen Allein-Schuldigen an diesem Krieg: Russlands Staatspräsident Wladimir Putin. Journalisten heißen Journalisten, weil sie sich um den "jour" – französisch "der Tag" – kümmern. Historiker heißen Historiker, weil sie sich schon seit dem Altertum dem "ἱστορεῖν", dem Beobachten und dem Erforschen von Ursachen widmen: Wie war es und wie ist es entstanden? Die hier erwähnten Beispiele der Warnungen vor einer Osterweiterung der NATO mögen im Sinne von "ἱστορεῖν" einen Beitrag zur Abklärung der Schuldfrage des aktuellen Krieges leisten. Zur gleichen Thematik gibt es ein Referat des französischen Autors Vladimir Pozner an der Yale University im Jahr 2018, das sehr informativ und entsprechend sehr hörens- und lesenswert ist: "How the United States Created Vladimir Putin" . Pozner spricht amerikanisches Englisch, und zum besseren Verständnis sind seine Worte auch als Untertitel lesbar – aber auch hier nur englisch. Und der Vortrag dauert gute 40 Minuten und die anschliessende Diskussion noch einmal mehr als eine Stunde. Aber es lohnt sich, das Referat und die Diskussion zu hören oder zu lesen. Pozner erklärt im Detail, warum sich Russland und die USA seit 1991 so sehr auseinandergelebt haben. Quelle: Globalbridge vom 15.04.2022. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Redaktion. Wir haben den Beitrag um die englischen Originalzitate gekürzt. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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