“Eine Flut von Menschen kam herab zu den Felsen und sie fielen wie Dominos um.”Bericht der Zeugin Hiroko Fukada über den 6. August 1945 in Hiroshima
Hiroko Fukada: Dies ist das erste mal in den 41 Jahren nach Abwurf der A-Bombe, dass ich an diesen Ort zurückkehre. Ich weiß wirklich nicht, was ich erzählen soll. Die Erinnerung an diesen Tag kommt nur stückweise zurück. In dem Moment, als ich mich an meinen Schreibtisch setzte und mein Notizbuch und Stifte hervorgeholt habe, sah ich plötzlich ein sehr starkes Blitzlicht. Dann gab es einen gewaltigen Einschlag. Die Atombombe wird oft als Pika-don oder als Blitz und Donner beschrieben und das ist eine sehr gute Beschreibung, denke ich. Interviewer: Welche Farbe hatte das Licht? Hiroko Fukada: Ich erinnere mich, dass es gelb war. Ich erinnere mich jetzt klar daran und trotz der herumliegenden Glassplitter hatte ich keine ernsten Verletzungen. Ich dachte, es sei hoffnungslos, weil die Gebäude direkt getroffen wurden und ich verließ das Gebäude, weil ich dachte, es wäre gefährlich drinnen zu bleiben. Kurz darauf sah ich Soldaten in diese Richtung kommen. Ich war zusammen mit meinen Freunden und wir dachten, es wäre sicher, mit den Soldaten zu gehen und so kamen wir hier her. Interviewer: Wie war die Situation außerhalb des Gebäudes? Hiroko Fukada: Alle hatten schreckliche Verletzungen. Wir waren überrascht, dass wir nicht verletzt waren. Ich habe keine Beschreibung für die Situation. Eine Flut von Menschen kam herab zu den Felsen und sie fielen wie Dominos um. Interviewer: Sie wurden ebenfalls vorwärts geschleudert, nicht wahr? Hiroko Fukada: Ja, ja. Ich wurde umgeworfen und es war schwer auf dieser Seite zu bleiben. Die andere Seite brannte und eine enorme Hitze erreichte uns auch auf dieser Seite. Mehr und mehr Menschen von hinter mir stießen mit uns wieder und wieder zusammen. Und weil es so heiß war, tauchte ich mein Gesicht viele Male unter Wasser. Interviewer: Sie sind genau hier in den Fluss gesprungen? Hiroko Fukada: Richtig. Ich wurde mit vielen anderen Menschen in den Fluss gestoßen. Und weil ich dachte, dass es gefährlich wäre, auf dieser Seite zu bleiben, schwamm ich zur anderen Seite. Ich war so verängstigt. Interviewer: Was passierte, als Sie durch den Fluss schwammen? Hiroko Fukada: Nun, eine furchtbare Sache passierte, als ich die andere Seite erreichte und erleichtert war. Ich wurde plötzlich vom Strom umhergewirbelt. Dann fielen große Hagelkörner und mein Gesicht fing zu schmerzen an. Um das zu verhindern, tauchte ich mein Gesicht mehrmals ins Wasser. Und dann wurde ich wieder und wieder umhergewirbelt. Es hörte einfach nicht auf. Interviewer: Was geschah genau im Wasser? Hiroko Fukada: Das Wasser wirbelte um mich und später erfuhr ich, dass es ein Tornado war. Meine Freunde haben es irgendwie geschafft, zu überleben. Interviewer: Dachten Sie, dass Sie sterben müssten? Hiroko Fukada: Ja. Die Gesichter meiner Familie kamen mir nacheinander in Erinnerung. Und ich dachte wirklich, ich würde sterben, weil ich auch viel Wasser geschluckt hatte. Interviewer: Das ist ein Bild, mit dem Sie den Moment beschreiben, richtig? Würden Sie es erneut beschreiben? Erinnern Sie sich an dieses Bild? Vor wie vielen Jahren haben Sie dieses Bild zuletzt gesehen? Hiroko Fukada: Da bin ich nicht ganz sicher. Ich dachte wirklich, dass ich sterbe, weil ich so viel Wasser verschluckt hatte. Ich weiß nicht, wie viele Minuten vergangen sind, aber letztlich fand ich ein Stück Holz, dass sehr weich und klebrig war und ich berührte es. Tatsächlich war es das Bein meiner Freundin. Sie hat überlebt und wir waren so froh, einander zu sehen. Dann fragte ich mich, was meine Familie tat. Weil wir in Takaramachi lebten, dachte ich, dass sie nach Ujina gegangen sind und nicht in diese Richtung. Und ich dachte auch, dass sie von der Bombe getötet wurden. Ich wusste nicht, was passiert ist. Interviewer: Was ist mit Ihrer Mutter und Ihren Brüdern? Hiroko Fukada: Nun, meine Mutter befand sich im Erste-Hilfe-Zentrum in Ninoshima. Sie starb am 10. August. Interviewer: Was ist mit Ihren Brüdern? Hiroko Fukada: Obwohl der Kleine mit meiner Mutter zusammen war, seit sie umgesiedelt wurden, um Häuser abzureißen, damit die Straßen für militärische Zwecke verbreitert werden konnten, überlebte er, weil er es schaffte, unter dem Dachüberstand zu stehen. Mein anderer jüngerer Bruder war in der Grundschule. Er war eingeklemmt unter dem eingestürzten Schulgebäude, aber er hat es geschafft, herauszukommen. Er floh zur Hijiyama-Brücke und überlebte. Interviewer: Was geschah mit Ihrer jüngeren Schwester? Hiroko Fukada: Sie war in Zakoba-cho und wurde auch umgesiedelt, um Häuser abzureißen. Wir haben sie nie gefunden. Zu der Zeit war ich gerade 18 Jahre alt und habe plötzlich meine Eltern verloren. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Aber ich hatte zwei kleinere Brüder und musste mich um sie kümmern. Daher konnte ich mir keinen Kummer leisten. Ich habe mich angestrengt, meine Brüder großzuziehen und nicht von anderen abhängig zu sein. Ich war Tag für Tag verzweifelt. Es war wirklich grausam. Es ist schwer, darüber zu sprechen. Ich kann es nicht. Deutsche Übersetzung: Jonas Schidlack. Englische Fassung: Testimony of Hiroko Fukada .
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