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Aserbaidschanische Armee filmt tödliche Folter einer Armenierin

Aserbaidschan führt gegen Armenien einen Krieg mit allen Mitteln: Etwa mit Bildern von grausigen Gewalttaten.

Von Amalia van Gent

"Die ganze Welt sollte wissen, dass wir auf der Seite unseres aserbaidschanischen Brudervolks stehen", erklärte Mitte September der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor der Nationalversammlung in Ankara. "Die Unterstützung der Türkei ist absolut und vollständig", doppelte auch Erdogans rechtsnationalistischer Regierungsalliierte Devlet Bahceli via Twitter nach.

Die Streitkräfte des aserbaidschanischen Brudervolks hatten gerade Armenien überfallen, Dörfer und Kleinstädte mit türkischen Killerdrohnen und Artillerie beschossen und strategische Höhen im armenischen Territorium besetzt.

Armenien leidet erneut

Weniger als zwei Jahre nach dem Angriffskrieg Aserbaidschans gegen die Armenier von Berg-Karabach, führt das aserbaidschanische Militär erneut einen Krieg gegen die Republik Armenien. Insgesamt 600 Soldaten sollen bislang ums Leben gekommen und nochmals so viele verwundet worden sein. 7600 Zivilisten mussten evakuiert werden. Zahllose zivile Gebäude wurden zerstört.

Ein verstörendes Video macht seither in den sozialen Medien die Runde: Es zeigt, wie die 36-jährige armenische Soldatin Anush Apetyan in der armenischen Stadt Jermuk gefangen genommen und von aserbaidschanischen Soldaten vergewaltigt, gefoltert, getötet und ihre Leiche schließlich zerstückelt wird. Ihre Peiniger stecken ihr die abgetrennten Finger in den Mund und stechen ihr die Augen aus. Dabei filmten sie ihren Gewaltakt minutiös und luden das Video ins soziale Mediennetz "Telegram" hoch. Infosperber ist im Besitz des Videos. Die Soldatin Apetyan lässt drei Kinder im Alter von 16, 15 und 4 Jahren zurück.

Infokrieg dient der Einschüchterung

Dieses Video und weitere Gewaltdarstellungen, welche aserbaidschanische Soldaten ins Netz gestellt haben, riefen in Armenien schlagartig das Trauma vom 1915 wach: Damals verordneten die regierenden Jungtürken die Deportation der gesamten armenischen Bevölkerung des Osmanischen Reichs in die Wüste. Über 1,2 Millionen Menschen gingen auf diesen Deportationsrouten, die in Wirklichkeit nichts anders als Todesrouten waren, elendig zugrunde. Das Schicksal von Anush Apetyan spielte sich damals tausendfach ab.

"Wir rufen ohne Stimmen, und ohne Hoffnung, gehört zu werden", umschrieb einst der armenische Dichter Vahan Teryan das nationale Trauma. Das griff vor kurzem der junge armenische Schriftsteller Grigor Shashikyan auf: "Wir sind ganz allein auf uns gestellt", sagte er. "Nun kann meine Generation an der eigenen Haut spüren, was Vahan Teryan genau meinte".

Aus Angst vor Übergriffen aus Aserbaidschan oder aus der Türkei hielt Armenien auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion an einer strategischen Allianz mit Russland fest. Denn aus armenischer Sicht war nach 1915 "der Türke" der Inbegriff der existenziellen Bedrohung schlechthin. Doch Russland eilte dem treuen Alliierten nicht zu Hilfe - nicht, als Aserbaidschan mit Hilfe der Türkei 2020 den Krieg in Bergkarabach anzettelte, und auch nicht Mitte September, als Aserbaidschan armenisches Territorium angriff.

Aufgrund seiner angeblichen Nähe zu Russland wurde Armenien ironischerweise vom Westen schon immer ignoriert. Dass aserbaidschanische Soldaten ihre Gewalttaten straflos begehen und sich mit diesen in den sozialen Medien gar brüsten dürfen, nährt in der armenischen Bevölkerung die Überzeugung, dass Aserbaidschan den Krieg gegen ihr Land so lange fortsetzen werde, bis es die armenische Republik, wie sie heute existiert, nicht mehr gibt.

Drei Tage nach dem Überfall der aserbaidschanischen Armee wurde Jerewan völlig unerwartet von einem hohen Gast besucht:  Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses der USA, Nancy Pelosi, brandmarkte vor dem armenischen Parlament die "tödlichen Angriffe Aserbaidschans auf armenisches Territorium" als völkerrechtswidrig und verurteilte diesen Angriff auf die Souveränität Armeniens scharf.

Europa will Geschäftspartner nicht verstimmen

Ihre feurige Rede war ein Seitenhieb auf Russland, das seinen strategischen Alliierten in seiner Not schutzlos ließ. Der Besuch der alten Dame aus den USA war zugleich aber auch eine unmissverständliche Kritik an die Adresse Europas.

Darum bemüht, das russische Gas durch andere Quellen zu ersetzen, hat Ursula von der Leyen letzten Juli Aserbaidschans Hauptstadt Baku besucht. Dort schloss die alte Dame aus Brüssel, die sich gerne als starke Politikerin der EU inszeniert, ein neues Abkommen für eine doppelte Menge an Erdgas aus Aserbaidschan für die EU und lobte ihren Gastgeber Ilham Alijew mehrfach als "vertrauenswürdigen Partner". Offenbar um den werten Partner nicht zu verstimmen, verlor Frau von der Leyen bislang auch kein Wort, weder über Aserbaidschans völkerrechtswidrigen Krieg, noch über die Kriegsverbrechen seiner Truppen.

Widersprüchliches Verhalten

Wie sinnvoll eine Politik ist, die den einen Herrscher - Putin - als moralisch verwerflichen Diktator anprangert und den zweiten Herrscher - Alijew - als "vertrauenswürdigen Partner" reinwäscht, bleibt das Geheimnis von Frau von der Leyen.

Quelle: Infosperber.ch - 29.09.2022.

Veröffentlicht am

30. September 2022

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