Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

Ihre Spende ermöglicht unser Engagement

Spendenkonto:
Bank: GLS Bank eG
IBAN:
DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC: GENODEM1GLS
 

Gewalt als Mittel der Konfliktaustragung ist kontraproduktiv

Von Michael Schmid (aus: Lebenshaus Schwäbische Alb, Rundbrief Nr. 116, März 2023 Der gesamte Rundbrief Nr. 116 kann hier heruntergeladen werden: PDF-Datei , 634 KB. Den gedruckten Rundbrief schicken wir Ihnen/Dir gerne kostenlos zu. Bitte einfach per Mail abonnieren )

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir freuen uns sehr, dass wir dieses Jahr unser 30-jähriges Jubiläum als "Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V." feiern dürfen. 30 Jahre, das ist ein beachtlicher Zeitraum.

In den ersten Jahren unserer Vereinsgeschichte gab es durchaus Zweifelnde, die nicht gedacht hätten, dass es dieses Projekt nach wenigen Jahren noch geben würde. Sei es, weil wir zu anspruchsvolle Ziele hatten (die wir immer noch haben). Sei es, dass wir angesichts des allgemeinen Zustands in unserer Welt resignieren würden. Sei es, weil wir angesichts des zu erwartenden Gegenwindes in einer so konservativ geprägten Gegend aufgeben würden. Und es gab sie ja durchaus, die unerbittlichen Gegner, die sehr viel daran setzten, uns zur Aufgabe zu zwingen. Aber unsere nunmehr 30-jährige Geschichte zeigt, dass alles das nicht eingetreten ist und wir uns weiter einmischen können und werden. Zumal es natürlich auch sehr vieles gibt, was in den vergangenen Jahrzehnten gelungen ist und was sich seit den Anfängen positiv entwickelt hat. Vor allem die große Solidarität, die wir in dieser Zeit immer wieder erfahren durften, hat uns in unserem Engagement bestärkt.

Auch wenn unser rundes Jubiläumsjahr Grund zur Freude ist, so gibt es leider Themen, die uns tief in einen Abgrund blicken lassen. Zumindest, wenn wir uns diesem Blick nicht gleich völlig verschließen wollen.

"Die Menschheit lebt in einer noch nie dagewesenen Gefahr!"

Am 25. Januar 2023 hat das "Bulletin of the Atomic Scientists" die Zeiger seiner symbolischen "Weltuntergangsuhr", welche die Gefährdung der Menschheit und des gesamten Planeten signalisiert, von 100 Sekunden auf 90 Sekunden vor Mitternacht vorgerückt. Dies ist der dramatischste Wert überhaupt seit Einführung der sogenannten "Doomsday Clock" vor 75 Jahren.

Sogar 1962, dem Jahr der Kubakrise, stand die Uhr "nur" sieben Minuten vor zwölf und Mitte der Achtzigerjahre, als Europa mit zigtausenden Atomsprengköpfen und atomaren Mittel- und Kurzstreckenraketen mit kürzesten Vorwarnzeiten vollgestopft war, gab es mit drei Minuten noch eine doppelt so lange Frist wie jetzt! Nach Ende des ersten Kalten Krieges - das wir vor allem der Politik der damaligen Sowjetführung um Michail Gorbatschow verdanken - konnten die Zeiger der Uhr auf entspannte siebzehn Minuten vor zwölf zurückgestellt werden!

Jetzt also 90 Sekunden vor dem Abgrund! Laut Rachel Bronson, Geschäftsführerin des "Bulletin of the Atomic Scientists", seien die Fachleute der festen Überzeugung, dass die Menschheit derzeit in einer "noch nie dagewesenen Gefahr" lebe. Deshalb wurde der Zeiger der Uhr unter Verweis auf die gestiegene Atomkriegsgefahr in der Folge des Ukrainekrieges, der anhaltenden Aufrüstung der Atomwaffenstaaten und der Erosion der nuklearen Rüstungskontrolle vorgestellt. Zudem seien infolge einer "frenetischen Suche" nach neuen Erdgasquellen auch die Treibhausgas-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe im vergangenen Jahr auf einen neuen Rekordwert geklettert, was die CO2-Konzentration in der Atmosphäre weiter steigen lasse, so Bronson.

Leider ist kein Ende des Ukrainekrieges in Sicht. Dieser Krieg verursacht täglich Tod, unfassbares Leid und Zerstörung. Mit jedem Tag entfesselt sich auch die Logik der Gewalt weiter. Gegenwärtig ist weder ein Ende noch bereits die höchste Stufe der Eskalation abzusehen. Im Zusammenhang mit anderen Krisen ist ein Niveau höchster Bedrohung für die gesamte Menschheit und den Planeten Erde erreicht. Teilweise dämmert es, dass dieser Krieg in der Mitte Europas das Potenzial für einen Dritten Weltkrieg hat!

Statt sich dies bewusst zu machen, "tummeln sich Pressevertreter:innen maulheldenhaft in Schützengräben, überschlagen sich bei der Forderung nach noch schwereren Waffen, treiben die Regierung wegen angeblicher Zögerlichkeit vor sich her und spotten über die Warnung des Friedensinstituts Sipri vor einem Atomkrieg", stellte die Journalistin Bascha Mika in einem Kommentar in der Frankfurter Rundschau schon im Juni vergangenen Jahres sehr treffend fest. Ja, es ist zum Verzweifeln, welche Kriegseuphorie einem aus den großen Medien entgegenschallt. In dem einen Jahr seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind aus der Lieferung von anfänglichen Helmen zur Unterstützung inzwischen Kampfpanzer der Marke Leopard 2 geworden. Eine "rote Linie" nach der anderen wird überschritten. Kaum hatte Kanzler Scholz jetzt im Januar die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine bekanntgegeben, ist die Kriegskarawane rhetorisch schon weitergezogen. Es dauerte nur wenige Stunden, schon wurde nach dem Motto "Nach der Waffenzusage ist vor der Waffenzusage" der Kanon erneut angestimmt: Nun braucht die Ukraine Kampfjets, Bomber, Langstreckenraketen, U-Boote und Kriegsschiffe.

Wenn NATO-Staaten aber Waffen liefern, mit denen Angriffe tief hinein ins russische Territorium möglich werden, dann bekommt der Krieg nochmals eine ganz neue Qualität. Wie wird das in Moskau wahrgenommen, wenn westliche Waffen in Russland angreifen, zerstören, vernichten? Was würde die russische Führung dann noch abhalten, NATO-Staaten zu direkten Kriegsgegnern zu erklären? Ein Horrorszenario, sollte sich die Aussage von Außenministerin Baerbock bewahrheiten, die im Europarat wenige Stunden nach dem deutschen Panzerlieferentscheid voller Eifer erklärte: "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland."

"Wacht auf!"

Halten wir uns nochmals ohne Illusion vor Augen: Nach Einschätzung der Fachleute des "Bulletin of the Atomic Scientists" ist es nicht etwa fünf vor zwölf - ganze anderthalb Minuten trennen uns noch von der Totalkatastrophe!

Und wie reagieren wir darauf? So wie wir eben auf solche Meldungen reagieren: Am besten gar nicht? Existieren die Gefahren nicht wirklich, nur weil sie nicht zu hören und zu sehen sind? Oder können wir uns beruhigt zurücklehnen, weil das mit der atomaren Bedrohung seit Jahrzehnten letztlich immer gut gegangen ist?

Mir kommt es so vor, als marschierten wir wie die Lemminge dem Abgrund zu. 90 Sekunden, so nah waren wir der Apokalypse noch nie! In den 1980er Jahren, als die Uhr noch 3 Minuten vor Mitternacht stand, waren hierzulande Hunderttausende oder gar Millionen wegen der Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenwaffen auf der Straße. Dagegen herrscht jetzt geradezu ein beunruhigendes Schweigen. "Es ist 90 Sekunden vor Mitternacht! Wer noch bei Verstand ist, sollte jetzt aufwachen. Sonst wachen wir nie wieder auf", warnt der Journalist Jens Berger zurecht.

Was also tun? Sich im Rahmen der eigenen Möglichkeiten dafür einsetzen, dass aus Deutschland und den NATO-Staaten nicht immer mehr und weiter reichende Waffen in die Ukraine geschickt und ukrainische Soldaten in unserem Land ausgebildet werden. Zudem sich dafür aussprechen, dass sich die Bundesregierung endlich für Verhandlungen stark macht, um den Krieg in der Ukraine beenden zu helfen. "In der aktuellen Entwicklung gilt es friedenslogisch zu denken, d.h. alles zu tun, was zu einem baldigen Waffenstillstand führt", betont Theodor Ziegler von der Initiative Sicherheit neu denken. "Hierzu bedarf es auch westlicherseits eines konkreten Verhandlungsangebots. Hatte die Nato-Osterweitung erheblichen Anteil an der Vorgeschichte zum jetzigen Krieg, so könnte die Erklärung des Westens von einer Nato-Aufnahme der Ukraine abzusehen, Putin die notwendige Gesichtswahrung für ein seinerseitiges Einlenken ermöglichen."

Wir können also zum Beispiel Petitionen unterzeichnen, Leserbriefe schreiben, Abgeordnete im eigenen Wahlkreis ansprechen, Kirchengemeinden für eine klare Positionierung gewinnen, an Demonstrationen teilnehmen, Mahnwachen organisieren. Jeder noch so kleine Beitrag in Richtung Frieden zählt.

Gandhi und King

Es ist eigentlich offensichtlich, dass Gewalt als Mittel der Konfliktaustragung untauglich, ja kontraproduktiv ist. Zumindest, wenn es darum geht, den Konflikt im Interesse aller Beteiligten zu lösen. Das vorherrschende politische Denken, das annimmt, man könnte Mittel und Zwecke voneinander trennen, man könne Gewalt mit Gewalt überwinden, übersieht bis heute die Herausforderung, vor die uns Mohandas Karamchand Gandhi gestellt hat. Seiner Erkenntnis nach gibt es nämlich einen untrennbaren Zusammenhang zwischen Mittel und Zweck, Weg und Ziel. Er hat darin ein Naturgesetz gesehen und hat immer wieder auf diesen Zusammenhang hingewiesen: "Es gibt ein Naturgesetz, dass nämlich eine Sache nur durch die Mittel verteidigt werden kann, durch die sie erworben wurde. Eine durch Gewalt erworbene Sache kann nur durch Gewalt verteidigt werden. Eine durch Wahrheit (Gewaltfreiheit) erworbene Sache dagegen kann nur durch Wahrheit (Gewaltfreiheit) verteidigt werden." (M.K. Gandhi)

Vor 75 Jahren, am 30. Januar 1948 wurde Gandhi durch einen fundamentalistischen Hindu-Nationalisten ermordet. Unter seiner Führung hatten sich Millionen von Menschen am Freiheitskampf gegen die britische Kolonialherrschaft beteiligt. Und der größten Befreiungsbewegung des 20. Jahrhunderts gelang es, das koloniale Joch ohne Gewaltanwendung abzuschütteln. Gandhi hat ebenso wie der am 4. April 1968 gleichfalls ermordete US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King nachhaltig bewiesen, welche Kraft der Gewaltfreiheit innewohnt. Die Gedanken und Erfahrungen Gandhis und Kings sind heute noch aktuell. Angesichts von Gewalt in vielen zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Bereichen, mörderischer Kriege, drohender atomarer Massenvernichtung, weltweit bestehender und innergesellschaftlich wachsender Armut sowie dem Erstarken rechter Tendenzen in unserer Gesellschaft gibt es auch Jahrzehnte nach ihrem Tod viel von ihnen zu lernen.

Wir werden uns weiter darum bemühen, für Gewaltfreiheit und gewaltfreie Aktion als konstruktive Alternative zur Gewalt bei der Konfliktaustragung zu werben. Und wir setzen uns ein für die Weiterverbreitung der Idee der Sozialen Verteidigung als eine konstruktive Alternative zur militärischen Verteidigung für die Austragung von Konflikten auf nationaler und internationaler Ebene.

Mit allen guten Wünschen grüße ich herzlich,

Euer / Ihr
Michael Schmid

Lebenshaus Schwäbische Alb: Bitte um Unterstützung

Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit per Rundbrief, Websites und Newsletter, Aktionen wie Mahnwachen gegen den Ukrainekrieg, für einen endgültigen Atomausstieg und am Hiroshima-/Nagasaki-Gedenktag, Veranstaltungen wie z.B. unsere jährlichen Tagungen im Herbst oder Veranstaltungen, die aktive Mitarbeit wie z.B. in der Kampagne "Wehrhaft ohne Waffen", die solidarische Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen, sowie möglichst Abbau von Verbindlichkeiten für das Gebäude erfordern erhebliche Finanzmittel. Zudem müssen die Personalkosten aufgebracht werden für eine 30-Prozent-Teilzeitstelle (Michael Schmid) und 2 Minijobs (Katrin Warnatzsch und Julia Kramer). Leider sind wir auch von der allgemeinen Teuerungsrate betroffen, so dass in verschiedenen Bereichen die Kosten weiter nach oben gehen.

Wir möchten auch nach 30 Jahren unsere Arbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie so engagiert wie bisher fortsetzen können bzw. weiter ausbauen. Damit uns das gelingt, bitten wir um Unterstützung unseres politisch unabhängigen Engagements durch eine Spende oder Fördermitgliedschaft.

Herzlich bedanken wollen wir uns bei allen, die unsere Arbeit unterstützen!

Mehr zu unseren Aktivitäten findet sich z.B.hier:

"Über uns"

Über uns: Lebenshaus Schwäbische Alb

Bei “Transparenz TV” aus Berlin: Das Lebenshaus Schwäbische Alb - Video aus der Sendereihe "Friedensfragen mit Clemens Ronnefeldt"

"Kriegsdienstverweigerer. Unsere Geschichten"

Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit" und

Möglichkeiten der Unterstützung .

Spendenkonto

Lebenshaus Schwäbische Alb e.V.
Bank:       GLS Bank eG
IBAN:       DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC:         GENODEM1GLS

Der Verein Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. ist durch das Finanzamt Sigmaringen als gemeinnützig und mildtätig anerkannt (aktueller Bescheid vom 22.07.2021). Spenden und Mitgliedsbeiträge sind daher steuerabzugsfähig. Ab 25 € werden automatisch Spendenbescheinigungen zugestellt, für niedrigere Beträge auf Anforderung (bitte bei Erstspenden Anschrift wegen Spendenbescheinigung angeben).

Kontaktaufnahme

Wer Kontakt mit uns aufnehmen möchte, kann dies tun über Telefon (07574-2862), Fax (07574-91110), Brief (Bubenhofenstr. 3, 72501 Gammertingen) oder E-Mail (info@lebenshaus-alb.de).

Um Info-Materialien anzufordern bzw. für den Antrag auf Fördermitgliedschaft, für die Ausstellung einer Einzugsermächtigung und Weiteres kann die PDF-Dateii Rückantwort-Formular ausgedruckt und ausgefüllt an uns zurückgesandt werden. Wer speziell den Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit" fördern möchte, kann dieses Formular verwenden Antwortformular Solidarfonds (PDF-Datei)

Fußnoten

Veröffentlicht am

10. März 2023

Artikel ausdrucken

Weitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von