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Was, wenn statt Baerbock Antje Vollmer Außenministerin wäre?

Statt Frieden herbeizubomben, wäre es erfolgversprechender, eine Bereitschaft zum Verhandeln herbeizuverhandeln.

Von Heribert Prantl

Wie sähe die deutsche Außenpolitik aus, wenn nicht Annalena Baerbock, sondern ihre grüne Parteifreundin Antje Vollmer Außenministerin wäre? Welche deutsche Beteiligung am Ukraine-Krieg hätte Vollmer gebilligt? Wie hätte ihre Nothilfe für das überfallene Land ausgesehen? Und welche diplomatischen Initiativen würde sie als Ministerin betreiben, um einen Weg zum Frieden zu finden?

Antje Vollmer ist eine exzellente Mediatorin, sie war eine große politische Vermittlerin und Versöhnerin. Sie gehört zu den Frauen, die die grüne Partei ganz wesentlich geprägt haben, Urgestein sagt man dazu. Heute gehört Vollmer dort eher zum Abraum. Sie verzweifelt am bellizistischen Kurs ihrer Partei – wie sie soeben in einem politischen Testament dargelegt hat*. Vollmer ist fast 80 Jahre alt und sehr krank. Sie blickt in ihren vermächtnishaften Darlegungen zurück auf die politischen Fehler, die seit 1989 gemacht worden sind, und sie kämpft mit der Ratlosigkeit, wie man jetzt mit den Folgen der Fehler umgehen soll.

Vollmer vermittelte einst zwischen den Fundis und den Realos, sie trieb den innerparteilichen Erneuerungsprozess voran. Ihr erstes großes politisches Versöhnungsthema war die RAF; sie versuchte, den Terrorismus durch Dialog zu beenden, und das ist ihr auch mit einer vom damaligen Bundesjustizminister Klaus Kinkel und vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker getragenen Versöhnungsinitiative gelungen. Ihr zweites Versöhnungsthema war die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen.

Wie könnten Mediation und Vermittlung im Ukraine-Krieg aussehen? Es ist Fastenzeit, Vorbereitung auf Ostern, auf das Fest des Friedens und der Auferstehung. Der Frieden liegt nicht als Geschenk im Osternest, so dass man ihn nur auspacken müsste. Man muss ihn entwickeln, ihn erarbeiten, so wie das vor 375 Jahren im Westfälischen Frieden gelungen ist. Selbst das Reden gegen Wände kann ein Gespräch eröffnen. Der Krieg bringt den Frieden nicht, auch demjenigen nicht, der ihn gewinnt. Siegen? Verlieren? Frieden ist das Einzige, was es zu gewinnen gibt – so hat es Heinrich Böll gesagt. Und ich wünsche mir, dass wir, wenn wir über den richtigen Weg zum Frieden ringen, nicht rhetorisch Krieg miteinander führen.

Der Frieden in der Ukraine ist ein noch ungelegtes Ei. Solange das so ist, kann man aber schon mal das Nest dafür bauen, man kann die Materialien dafür sammeln und darüber verhandeln, wie man verhandeln könnte, man kann darüber reden, wie man miteinander reden könnte. Das wünsche ich mir. Man kann Verhandlungsbereitschaft auch herbeiverhandeln. Das ist erfolgversprechender als der Plan, Frieden herbeizubomben.

Ich wünsche Ihnen eine Fastenzeit, in der man über Wörter und über Werte wie "Besinnung" und "Umkehr" nachdenken und daraus Kraft schöpfen kann.

Dieser Kommentar des Kolumnisten und Autors Heribert Prantl erschien am 26. Februar 2023 als "Prantls Blick" in der Süddeutschen Zeitung.

Antje Vollmers Vermächtnis einer Pazifistin: "Was ich noch zu sagen hätte"

Die Ex-Vizepräsidentin des Bundestags kritisiert die Grünen dafür, dass sie sich vom Pazifismus abgewendet haben. In diesem Essay in der Berliner Zeitung formulierte sie am 23. Februar 2023 ihr politisches Fazit.

Quelle: Infosperber.ch - 28.02.2023.

Veröffentlicht am

04. März 2023

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