Mad Dream - oder: Die Zeitenwende vom 20. März 2003Von Leo Ensel Heute vor 20 Jahren überfielen die USA völkerrechtswidrig und mit Lügen begründet den Irak. Sie bombardierten gezielt die Infrastruktur der großen Städte, verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und hinterließen ein Land im Chaos mit Hundertausenden von toten Zivilisten. Die Empörung in Medien und Politik über diesen "Bruch der regelbasierten Weltordnung" hält sich bis heute in engen Grenzen. - Stoff für eine bitterböse Satire. Manchmal hat man wirklich völlig verrückte Träume. Und wenn man aufwacht, ist man völlig in Schweiß gebadet. Oder man kommt ins Grübeln … Schauen Sie sich bitte mal an, wovon ich gestern Nacht geträumt habe. Das Land entwaffnen und den faschistischen Präsidenten stürzenDie Atommacht überfiel ein Land, dessen Staatspräsident - sagen wir es mal so - mit Demokratie nicht allzu viel am Hut hatte, aber über einen langen Zeitraum von den USA ökonomisch unterstützt und militärisch aufgerüstet worden war. Eine Fabrik zur Produktion von Massenvernichtungsmitteln, so wurde im Vorfeld lauthals verkündet, sei dort in Betrieb. Möglicherweise wären auch bereits welche gelagert. Das Land mit dem ‚faschistischen Führer’ müsse unbedingt entwaffnet, die Zivilbevölkerung befreit und der Faschismus besiegt werden. Die Supermacht rückte mit Panzerverbänden völkerrechtswidrig in das Land ein und auf die Hauptstadt vor. Sie beschoss gezielt die Infrastruktur in den großen Städten, besonders die Elektrizitäts- und Wasserversorgung. Zum Schluss hinterließ sie ein gigantisches Chaos, zerstörte Städte und Hundertausende tote Zivilisten. Aber die Besatzungsmacht verübte auch barbarische Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Kriegsgefangene wurden erniedrigt, misshandelt, vergewaltigt und systematisch gefoltert - oft bis zum Tod. Die Täter ließen sich hunderte Male fotografieren, während sie sich neben den von ihnen gedemütigten Opfern stolz in Pose warfen. "Herr Bush, Sie töten unschuldige Kinder!"Gottseidank wurde der durch nichts zu rechtfertigende völkerrechtswidrige Überfall von der westlichen Welt nicht widerstandslos hingenommen. Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch die Länder der Europäischen Union, vor allem durch Deutschland. Dieser "Bruch der regelbasierten Weltordnung" dürfe niemals hingenommen werden, das Beispiel dürfe auf keinen Fall Schule machen! Der deutsche Bundeskanzler sprach von einer "Zeitenwende", der Bundespräsident später gar von einem "Epochenbruch". EU-weit wurden umgehend härteste Sanktionen nie gekannten Ausmaßes gegen den Aggressor beschlossen und die deutsche Außenministerin verkündete lautstark: "Das wird die USA ruinieren!" Einige Tage später schleuderte sie via Television dem Präsidenten des Aggressors mutig ins Gesicht: "Herr Bush, Sie töten unschuldige Kinder!" Natürlich verurteilten die deutschen Medien in tagtäglichem Staccato unisono die völkerrechtswidrige Invasion. Die USA, so hieß es, führten einen Vernichtungskrieg gegen den Irak und Bush sei der "neue Hitler". In jeder Talkshow, von "Maischberger" über "Maybrit Illner" und "Anne Will" bis "Lanz", echauffierten sich Journalisten und Politiker von Regierungskoalition und Opposition über die barbarischen Verbrechen der Besatzer und machten gegen die "Bush-Versteher" im Inland mobil. Der zu Unrecht überfallene Irak, dem man anfangs zur Verteidigung lediglich Helme liefern wollte, müsse unter allen Umständen effektiv gegen den Aggressor ausgerüstet werden - so hieß es. "Der Kanzler hat Ladehemmung!"Und so kam es denn auch. Nach langem Zögern - "Der Kanzler hat Ladehemmung!", tönte eine bekannte Politikerin der Regierungskoalition - rang sich der Bundeskanzler endlich dazu durch, die irakische Armee mit Waffen zu unterstützen. Später lieferte Deutschland Leopard-Panzer und bildete irakische Soldaten auf deutschem Territorium darin aus. Besonders mutige Länder der Europäischen Union erklärten sich sogar dazu bereit, den Irak mit Kampfjets gegen die US-Aggressoren zu unterstützen. Irakische Flüchtlinge - ihre Zahl ging in die Millionen - wurden mit offenen Armen empfangen. Sie konnten visafrei in die EU einreisen, wo ihnen großzügig und unbürokratisch geholfen wurde. Nahezu jeden Abend wurden die täglichen Videobotschaften des irakischen Präsidenten mit seinen nie abreißenden Forderungen nach weiteren, noch effektiveren Waffen von "Tagesschau", "Tagesthemen", "heute" und "heute-journal" wiedergegeben und wohlwollend kommentiert. Nein, nicht nur das: Die Journalist-Sternchen-innen zeigten "Haltung" und machten Druck auf die nach wie vor zu zurückhaltende Bundesregierung. Schließlich würde der Irak nicht nur die westlichen Werte, sondern auch heldenhaft uns selbst verteidigen. Der Irak, so hieß es schließlich, müsse den Krieg gewinnen! Und siehe da, der Kanzler zog nach. Immerhin verkündete er öffentlich, "der Irak dürfe den Krieg nicht verlieren". Und er legte noch einen drauf: "Wir wurden eiskalt belogen" , attackierte er nun öffentlich den Aggressor. Deutschland habe sich in den vergangenen Jahrzehnten fahrlässig von den USA ökonomisch abhängig gemacht. Nun müssten neue verlässliche Kooperationspartner gefunden werden. Prompt fuhr er mit seinem Wirtschaftsminister nach Brasilien, Japan, Indien und sogar nach Afrika. Die smarte Außenministerin - wie immer etwas spontaner und forscher - verplatterte sich gar öffentlich und erklärte: "Wir befinden uns im Krieg mit den USA!" Internationaler Haftbefehl gegen George W. BushAls die Verbrechen gegen die Menschlichkeit von Abu Graib bekannt wurden, setzte gar ein wahrer "Horrortourismus" ein: Jede/r Politiker/in, der oder die etwas auf sich hielt - von der EU-Präsidentin über die Außenministerin bis zum Oppositionsführer - besichtigte diesen Ort grausigster Verbrechen und gab umgehend kund, dies dürfe niemals ungesühnt bleiben! Den Höhepunkt erreichte die westliche Kampagne, als endlich der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl gegen George W. Bush wegen amerikanischer Kriegsverbrechen erließ … Und heute Morgen wachte ich schweißgebadet auf. Erleichtert, festzustellen, dass die Welt wieder in Ordnung war! Quelle: Globalbridge vom 20.03.2023. 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