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Kolumbien: Bundesregierung muss Menschenrechte ins Zentrum von Klimabündnis stellen

Am 16. Juni trifft Kolumbiens Präsident Gustavo Petro Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Deutsche Menschenrechtsorganisationen und Hilfswerke appellieren an Kanzler Scholz, Präsident Petro bei seinem Besuch umfassende Unterstützung für eine menschenrechtskonforme und ökologisch-sozial gerechte Energiewende zuzusagen und ihn aufzufordern, Straflosigkeit in Kolumbien konsequenter zu bekämpfen.

Steinkohle-Importe, Polizei- und Militär-Kooperationen, die von der Bundesregierung unterstützten Friedensprozesse mit den Guerilla-Gruppen, möglicherweise eine Klima- und Energie-Partnerschaft: Deutschlands Beziehungen mit Kolumbien sind so eng wie lange nicht. Gleichzeitig erlebt die Regierung Petro gerade ihre schwerste innenpolitische Krise: Zentrale Reformprojekte könnten an fehlenden Mehrheiten scheitern, Angriffe auf die Zivilbevölkerung nehmen zu. 2023 wurden bereits 73 Menschenrechtsverteidiger*innen ermordet.

Bei seinem Berlin-Besuch wird Präsident Petro voraussichtlich die Eckpunkte einer Klima-Partnerschaft mit Deutschland vereinbaren. Dazu sagt Philipp Mimkes, Geschäftsführer bei FIAN Deutschland: "Es ist positiv, wenn Deutschland und Kolumbien bei der Energiewende zusammenarbeiten. Gleichzeitig beobachten wir schon heute Menschenrechtsverstöße beim Bau von Solar- und Windparks auf indigenem Land. Deutschland ist als Unterzeichner der ILO-Konvention 169 dazu verpflichtet, die Rechte indigener Gemeinden weltweit zu schützen. Kanzler Scholz und die Bundesregierung müssen deshalb sicherstellen, dass Klima- und Energie-Kooperationen mit Kolumbien nicht zu neuen Menschenrechtsverletzungen führen. Im Mittelpunkt des Bündnisses müssen die Anliegen der Kolumbianer*innen stehen, die seit Jahrzehnten Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung und Klimaschäden durch Rohstoff-Ausbeutung erleiden, und nicht die Wirtschaftsinteressen Deutschlands."

In Kolumbiens Steinkohle-Gebieten werden regelmäßig Menschenrechte verletzt, Umwelt zerstört und Gerichtsurteile zum Schutz Betroffener kaum umgesetzt. Trotzdem kaufte Deutschland 2022 16 Prozent seiner Steinkohleimporte in Kolumbien ein – 5,7 Millionen Tonnen und drei Mal mehr als 2021. Christiane Schulte, Abteilungsleiterin für Lateinamerika und die Karibik bei Brot für die Welt, fordert deshalb: "Deutschland trägt als langjähriger Abnehmer schmutziger Kohle aus Kolumbien direkt Mitverantwortung für die Menschenrechts- und Umweltkrise in den dortigen Kohlerevieren. Obwohl sie die Missstände seit Jahren kennen, haben deutsche Kohleimporteure dagegen viel zu wenig unternommen. Wir fordern die Bundesregierung auf, das neue Lieferketten-Gesetz konsequent auch gegen die Energie-Unternehmen durchzusetzen und Verstöße zu ahnden."

Anfang Juni vereinbarte die Regierung Petro eine sechsmonatige Feuerpause mit der Guerilla-Gruppe ELN. Der Umsetzung des Friedensvertrages von 2016 und dem Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen räumt sie in ihrer Politik für einen vollständigen Frieden (paz total) große Priorität ein. Gleichzeitig nimmt die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in vielen Regionen zu – auch weil Waffenruhen mit anderen bewaffneten Gruppen scheiterten. Oliver Müller, Leiter von Caritas international, sagt dazu: "Die Friedensinitiativen der Regierung Petro sind sehr ermutigend. Gleichzeitig kommen bei neun von zehn Morden an Menschenrechtsverteidiger*innen die Verantwortlichen noch immer straffrei davon. Deutschland ist ein wichtiger politischer und finanzieller Garant des Friedensprozesses. Bundeskanzler Scholz sollte daher mit Präsident Petro wirksamere Maßnahmen gegen die weitverbreitete Straflosigkeit erörtern und dafür auch Unterstützung anbieten."

Polizei und Militär in Kolumbien sind für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. 2021 wurden bei landesweiten Großdemonstrationen 89 Protestierende getötet – mindestens 28 durch staatliche Sicherheitskräfte. Geplante Reformen des Sicherheitssektors hat die Regierung Petro vorerst auf Eis gelegt – wegen großer Widerstände bei Polizei und Militär. Julia Duchrow, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt dazu: "Deutschland setzt mit Polizei und Militär in Kolumbien zwei Kooperationen um, trotz deren verheerender Menschenrechtsbilanz. Bundeskanzler Scholz sollte auch deshalb die Regierung Petro mit Nachdruck dazu auffordern, beide Institutionen entsprechend internationaler Menschenrechtsstandards zu reformieren. Die beiden Sicherheitskooperationen mit Kolumbien sollte die Bundesregierung an klare und nachprüfbare menschenrechtliche Vorgaben knüpfen."

Quelle: Action pro Colombia, Amnesty International Deutschland, Brot für die Welt, Caritas international, Diözesanrat Aachen, FIAN Deutschland, kolko – Menschenrechte für Kolumbien e. V., pax christi – Deutsche Sektion e. V. - Gemeinsame Pressemitteilung vom 14.06.2023.

Veröffentlicht am

14. Juni 2023

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