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Breaking the Silence: Israels Politik für den Gazastreifen und warum sie scheitert

Eine wichtige Erklärung der israelischen Veteranenorganisation Breaking the Silence zu den jüngsten Ereignissen. Die englische Version folgt unten.

Liebe Freunde,

der Angriff der Hamas und die Ereignisse, die sich seit gestern abspielen, sind unaussprechlich. Es bricht uns das Herz zu sehen, wie verängstigte Zivilisten in ihren Häusern belagert werden, wie unschuldige Menschen kaltblütig auf den Straßen, auf Partys und zu Hause ermordet werden. Dutzende wurden als Geiseln genommen und in den Gaza-Streifen verschleppt. Jeder von uns kennt jemanden, den es auf tragische Weise getroffen hat. Wir könnten endlos über ihre grausamen und kriminellen Handlungen sprechen oder uns darauf konzentrieren, wie unsere jüdisch-suprematistische [Verfechter der Vorherrschaft] Regierung uns an diesen Punkt gebracht hat. Aber so schwer es auch ist, unsere Aufgabe als ehemalige israelische Soldaten ist es, über das zu sprechen, wozu wir geschickt wurden.

Israels Sicherheitspolitik besteht seit Jahrzehnten darin, "den Konflikt zu managen". Die aufeinander folgenden israelischen Regierungen beharren immer wieder auf Gewalt, als ob irgendetwas davon einen Unterschied machen würde. Sie sprechen von "Sicherheit", "Abschreckung", "Veränderung der Gleichung (equation)".

All dies sind Codewörter für die Bombardierung des Gazastreifens zu Brei, immer mit der Begründung, dass sie gegen Terroristen gerichtet sind, aber immer mit schweren Opfern unter der Zivilbevölkerung. Zwischen diesen Runden der Gewalt machen wir den Menschen im Gazastreifen das Leben unmöglich und tun dann überrascht, wenn alles überkocht.

Wir reden von "Normalisierung" mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und jetzt mit Saudi-Arabien und hoffen, dass die Welt ein Auge zudrückt, wenn wir in unserem Hinterhof ein Freiluftgefängnis bauen. Abgesehen von der unfassbaren Verletzung der Menschenrechte haben wir ein massives Sicherheitsproblem für unsere eigenen Bürger geschaffen.

Die Frage, die sich alle Israelis stellen, lautet: Wo waren die Soldaten gestern? Warum war das israelische Militär anscheinend abwesend, während Hunderte von Israelis in ihren Häusern und auf den Straßen abgeschlachtet wurden? Die unglückliche Wahrheit ist, dass sie "beschäftigt" waren. Im Westjordanland.

Wir schicken Soldaten, um das Eindringen von Siedlern in die palästinensische Stadt Nablus zu sichern, um palästinensische Kinder in Hebron zu jagen, um Siedler zu schützen, wenn sie Pogrome veranstalten. Siedler verlangen, dass palästinensische Flaggen von den Straßen von Huwara entfernt werden; Soldaten werden geschickt, um dies zu tun.

Unser Land hat vor Jahrzehnten beschlossen, dass es bereit ist, die Sicherheit seiner Bürger in unseren Städten zu opfern, um die Kontrolle über eine besetzte Zivilbevölkerung von Millionen von Menschen aufrechtzuerhalten, und das alles im Namen einer siedler-messianischen Agenda.

Die Vorstellung, dass wir den Konflikt "managen" können, ohne ihn jemals lösen zu müssen, bricht wieder einmal vor unseren Augen zusammen. Sie hat sich bis jetzt gehalten, weil nur wenige es wagten, sie in Frage zu stellen. Diese herzzerreißenden Ereignisse könnten das ändern. Das müssen sie auch. Für alle von uns zwischen Fluss und Meer.

Avner Gvaryahu, Direktor
Direktor von Breaking the Silence


Breaking the Silence: Israel’s policy on Gaza and why it’s failing

Dear Friends,

Hamas’s attack and the events unfolding since yesterday are unspeakable. We are heartbroken to watch terrified civilians besieged in their homes, innocent people murdered in cold blood on the streets, at parties, and at home. Dozens taken hostage and dragged into the Gaza Strip. Every one of us knows someone who has been tragically affected. We could go on and on about their cruel and criminal actions, or focus on how our Jewish-supremacist government brought us to this point. But as hard as it is, our job as former Israeli soldiers is to talk about what we were sent to do.

Israel’s security policy, for decades now, has been to "manage the conflict". Successive Israeli governments insist on round after round of violence as if any of it will make a difference. They talk about "security", "deterrence", "changing the equation".

All of these are code words for bombing the Gaza Strip to a pulp, always justified as targeting terrorists, yet always with heavy civilian casualties. In between these rounds of violence we make life impossible for Gazans, and then act surprised when it all boils over.

We talk about "normalization" with the UAE and now Saudi Arabia, while hoping the world will turn a blind eye to the open-air prison we built in our backyard. Apart from the unfathomable violation of human rights, we’ve created a massive security liability for our own citizens.

The question Israelis are all asking is - where were the soldiers yesterday? Why was the IDF seemingly absent while hundreds of Israelis were slaughtered in their homes and on the streets? The unfortunate truth is that they were "preoccupied". In the West Bank.

We send soldiers to secure settler incursions into the Palestinian city of Nablus, to chase Palestinian children in Hebron, to protect settlers as they carry out pogroms. Settlers demand that Palestinian flags are removed from the streets of Huwara; soldiers are sent to do it.

Our country decided - decades ago - that it’s willing to forfeit the security of its citizens in our towns and cities, in favor of maintaining control over an occupied civilian population of millions, all for the sake of a settler-messianic agenda.

The idea that we can "manage the conflict" without ever having to solve it is once again collapsing before our eyes. It held up until now because only few dared to challenge it. These heartbreaking events could change that. They must. For all of us between the river and the sea.

Avner Gvaryahu, Director
Breaking the Silence

Quelle:  Breaking the Silence - 08.10.2023. Übersetzung ins Deutsche: Martin Breidert.

Veröffentlicht am

08. Oktober 2023

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