Zum Ukrainekrieg. Aufruf an Kirche und Politik: Württembergischer Friedensaufruf im Herbst 202355 Pfarrerinnen und Pfarrer der evangelischen Landeskirche Württemberg sowie 139 weitere Personen aus Kirche und Gesellschaft gehören zu den Erstunterzeichnenden einer Friedenserklärung. Sie sehen in den bisherigen kirchlichen Stellungnahmen zu Waffenlieferungen eine theologisch nicht zu rechtfertigende Einseitigkeit. Sie fordern stattdessen von Kirche und Politik eine Fokussierung auf nicht-militärische Lösungen für den Ukraine-Krieg. Weitere Unterschriften werden bis Weihnachten gesammelt. Die Friedenserklärung beruft sich zentral auf die Friedensbotschaft Jesu. Diese gelte nicht nur für friedliche Zeiten, sondern ebenso für Kriegszeiten. Mit Paulus gesprochen: "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem." (Römer 12, 21). Wichtig bleibe, auch die eigene Schuld, also die Fehler der westlichen Politik in Vergangenheit und Gegenwart zu bedenken. Man müsse die eigenen Motive und Argumente kritisch hinterfragen. Einer christlichen Kirche sei es geboten, für das Wohlergehen der Menschen einzutreten - nicht für die Interessen von Staaten und Konzernen. Aus diesen Gründen fordern die Erstunterzeichnenden, die militärische Unterstützung der Ukraine zu beenden und sich für Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen einzusetzen. Tagesaktuell schreiben die Verfasser:innen: "Wir sind uns bewusst, dass inzwischen der Konflikt in Israel und Palästina in den Vordergrund gerückt ist. Auch hierzu vertreten wir die Ansicht, dass eine Lösung des Konfliktes nur durch nicht-militärische, gewaltfreie und dem Völkerrecht verpflichtete Vereinbarungen zu erreichen ist." Quelle: Friedenspfarramt der Evangelischen Kirche in Württemberg - Pressemitteilung vom 31. Oktober 2023. V. i. S. d. P: Susanne Büttner, Susanne.Buettner@elkw.de / Judith Giesel, judith.giesel@t-online.de / Reinhard Hauff, Reinhard.Hauff@elkw.de Zum Ukrainekrieg. Aufruf an Kirche und Politik: Württembergischer Friedensaufruf zum Herbst 20231. "Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen." (Matthäus 5,44) Es wird gesagt, man müsse die Feinde auf dem Schlachtfeld besiegen. Wir hören, dass Jesus Christus uns zumutet, unsere Feinde zu lieben. Der erste Schritt dazu ist, probeweise die Perspektive zu wechseln, das gegnerische Gegenüber zu achten, ihm zuzuhören und seine Interessen ernst zu nehmen. 2. "Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten, und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch." (Matthäus 20,25f) Es wird gesagt, die Nächstenliebe gebiete es, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, damit sie sich gegen die Aggression verteidigen kann. Wir fragen uns, ob wirklich alle Menschen in der Ukraine mit militärischen Mitteln verteidigt werden wollen, durch die so viele Menschen getötet, unzählige Verstümmelte und Traumatisierte zurückgelassen werden. In allen Ländern gibt es Menschen, die militärische Mittel ablehnen und auf Verhandlungen und gewaltfreie Mittel setzen. Auch Ukrainer sind vor dem Kriegsdienst geflohen, andere werden gegen ihren Willen zum Kriegsdienst gepresst. Werden die Menschen, die in der Ukraine leben, wie viele andere Völker, nicht durch die Herrschenden ihrer Länder manipuliert, um damit die Ziele der Herrschenden zu erreichen? Als Menschen müssen wir uns immer fragen, ob das, was allgemein für hilfreich gehalten wird, wirklich gut ist. 3. "Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?" (Matthäus 7,3) Es wird gesagt, der russische Präsident sei ein imperialistischer Herrscher, ein unberechenbarer Tyrann. Die westlichen Länder dagegen werden als Hüter des Friedens und der Menschenrechte gezeichnet. Wir hören, dass Jesus uns im Vaterunser auffordert, um Vergebung unserer eigenen Schuld zu bitten. Deshalb widersprechen wir der undifferenzierten Einteilung in Gute und Böse. Wir sehen uns aufgefordert, auch zu fragen: Welche Fehler haben wir, die westliche Welt, im Umgang mit Russland gemacht? Sklaverei, Kolonialismus und zwei Weltkriege, sollten Grund genug sein, das Selbstbild vom moralisch hochstehenden Westen infrage zu stellen. 4. "Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort. Denn wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkommen." (Matthäus 26,52) Es wird gesagt, angesichts der aktuellen Situation sei die Forderung nach Gewaltverzicht naiv, unrealistisch und unvernünftig. Wir meinen, dass die Überzeugung naiv und unvernünftig ist, bis zum endgültigen Sieg über das Böse sei militärische Gewalt gerechtfertigt. Diese Überzeugung kann zur Eskalation bis hin zu einem atomaren Weltkrieg führen. Deshalb treten wir ein für eine Vernunft des Gewaltverzichts. 5. "Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt… Friede-Fürst." (Jesaja 9,5) Es wird gesagt, wir befänden uns in einer Situation, die eine militärische "Zeitenwende" notwendig mache. Wir glauben, die wahre Zeitenwende ist in Jesus Christus Wirklichkeit geworden. Wo wir ihm nachfolgen, und in seinem Sinne handeln, indem wir z.B. auf Verhandlungen und gewaltfreie Formen aktiven Widerstands setzen, da wird diese Zeitenwende heute erlebbar. So sind wir berufen, Salz der Erde und Licht in unserer unvollkommenen Welt zu sein. 6. "Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes" (Römer 12, 2). "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem." (Römer 12, 21) Von Personen der Kirchenleitung sind Stellungnahmen zu hören, die Waffenlieferungen in die Ukraine und militärische Gewaltanwendung rechtfertigen. Mit solchen Äußerungen schwimmen die Kirchen im großen Strom von Medien und Politik. Wir hören, dass Jesus uns zumutet, etwas zu sagen, was die "Welt" sich nicht selbst sagen kann. Wenn die Kirche den Auftrag Jesu nicht erfüllt, verrät sie ihr Wesen und verliert ihren Wert. Jesus Christus hat uns seine Friedensbotschaft nicht nur für friedliche Zeiten gegeben, sondern gerade für Zeiten der Gewalt. Eine Kirche, die auch auf Waffengewalt setzt, kann sich nicht auf Jesus Christus berufen. 7. "Ihr seid das Salz der Erde!" Hoffnung auf eine wahrnehmbar christliche Kirche In diesem Sinne rufen wir unsere Kirche und alle Menschen im Land auf, für Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen einzutreten, in denen das Wohlergehen der Menschen - nicht die Interessen von Staaten und Konzernen - Priorität hat. Weitere Unterschriften werden bis Weihnachten 2023 gesammelt. Unterschreiben dürfen auch Mitglieder anderer Kirchen und anderer Regionen. Unterschriften werden bis Weihnachten gesammelt von friedenspfarramt@elk-wue.de Eine Unterschrift ist verbunden mit der Erklärung: "Mit meiner Unterschrift bin ich mit der Veröffentlichung meines Namens einverstanden" Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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