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“Bedrohte Diskurse” - der Studientag des Forum Friedensethik (FFE) 2023 fand großes Echo

Das FFE, eine Basis-Initiative innerhalb der Evangelischen Kirche in Baden mit ca. 80 Mitgliedern, sieht die freie öffentliche Debatte in unserer Gesellschaft gefährdet. Deshalb hatte sein Leitungskreis das Thema "Bedrohte Diskurse" für den Studientag am 11.11.2023 gewählt. Es haben sich 130 Interessierte zum Studientag 2023 im Albert-Schweitzer-Saal der Karlsruher Christuskirchengemeinde eingefunden. Manfred Jeub (FFE) konnte in seiner Einführung an Beispielen sehr klar belegen, wie Positionen ins Abseits geschoben, skandalisiert oder auch mundtot gemacht werden. Dazu brachten sich dann auch beide Referentinnen mit ihrem jeweiligen thematischen Schwerpunkt ein.

Recht deutlich wurde in den Arbeitsgruppen zum Thema Palästina/Israel, dass das Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel ergänzt werden müsse um ein künftig deutlicheres  Bekenntnis zur Mitverantwortung der Deutschen für das Schicksal auch der palästinensischen Bevölkerung. Ein Deutschland, das Wert legt auf seine Freundschaft zu Israel, darf sich nicht scheuen, eine Politik der israelischen Regierung zu kritisieren, wenn diese Menschenrechte und Völkerrecht missachtet. Dazu sollten auch Ansagen zu Konsequenzen gehören. Die seit dem 7. Oktober zunehmende Tendenz hierzulande, Menschen aus der Zivilgesellschaft, die Israels Politik von da her kritisieren, mit dem Vorwurf des "israelbezogenen Antisemitismus" zu belegen, ist abzulehnen. Diese Auffassung vertraten viele wenn nicht alle Teilnehmenden am Studientages.

Es gibt innerhalb der Basisinitiative FFE auch die Sorge, dass Israel durch seine Art des Umgangs mit den Palästinensern auf lange Sicht selbst dazu beitragen wird, sich in seiner Existenz zu gefährden, weil durch militärische Gewalt allein sich kein Frieden einstellen wird. Das gelte für beide Seiten, die eine Lösung zusammen finden müssen. Die Menschen in der Region brauchen aber Frieden. Dazu trug Karin Wetterau, Autorin des Buches "Neuer Antisemitismus? Spurensuche in den Abgründen einer politischen Kampagne" ihre Sicht auf die Dinge vor. Thema ihres Vortrags war: "Staatsräson und Schuldabwehr oder die Erfindung des ‘israelbezogenen Antisemitismus’".

Thema der Journalistin Gabriele Krone-Schmalz war "Respekt geht anders. Russland und die Ukraine in der öffentlichen Diskussion". Sie betonte anfangs, ihre Ausführungen werden diesen Krieg nicht rechtfertigen. Vielmehr halte sie "Krieg grundsätzlich für keine Option in unserer sogenannten zivilisierten Welt. Krieg - ganz gleich welcher - ist Barbarei auf allen Seiten. Krieg ist das Kriegsverbrechen." Realität zu begreifen erfordere, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln. Daher müsse man sich für die Vorgeschichte interessieren, keineswegs im Sinne einer Rechtfertigung, vielmehr im Sinne einer Erklärung. Bestärkt fühle sie sich durch eine Äußerung von Klaus von Dohnanyi, der in einem Interview gesagt hatte: "Ja, der Krieg, den die Russen begonnen haben, ist ein Verbrechen. Aber dass der Westen ihn nicht verhindert hat, ist eine Sünde." Krone-Schmalz zum Thema bedrohte Diskurse: Wenn es um die Ziele dieses Krieges gehe, müsse folgende Alternative jetzt existentiell breit diskutiert werden können: Soll alle Kraft der Deutschen in Diplomatie Richtung Waffenstillstand und Verhandlungen für Frieden eingebracht werden? Oder soll es darum gehen, mit immer mehr Waffenlieferungen dazu beizutragen, Russland besiegen zu wollen? Darüber werden, so die Journalistin, derzeit die Weichen gestellt, mit weit reichenden Konsequenzen. Müsse darüber in einer Demokratie, die diesen Namen verdient, nicht offen und angstfrei debattiert werden können?

Diskutiert wurden beide Themenfelder jeweils in sechs Gruppen, in denen verschiedene Aspekte weiter gehend angesprochen werden konnten. Diese Möglichkeit wurde als sehr willkommen erlebt. In der abschließenden Podiumsrunde wurden Anregungen aus den Gruppen aufgenommen. Als Ergebnis der Schlussrunde darf festgehalten werden: Es fehle in unserer Gesellschaft zunehmend an einer respektvollen Streitkultur sowohl in einer Reihe von alten wie von neuen Medien. Oft würden abweichende Meinungen stigmatisiert. Die Meinungskorridore seien erschreckend schmal geworden. Frage: Was wird für den Fortbestand unserer Demokratie und für die künftige Richtung der deutschen Politik essentiell notwendig sein? Antwort: Ein konfliktsensitiver Journalismus, der belastbare Informationen liefert für tragbare Lösungen. Neben einem respektvoll ausgetragenen Streit zur deutschen Mitverantwortung für Israel/Palästina, zum Ukrainekrieg, zur angeblich notwendigen massiven Aufrüstung und zur vom Verteidigungsminister Pistorius von der deutschen Gesellschaft zuletzt geforderten "Kriegstüchtigkeit" müsse auch die Botschaft des Bergpredigers zu Gehör kommen im Sinne von "Sicherheit neu denken" (Snd). Für diese Sicht der Dinge gab es viel Applaus beim Studientag.

Kooperationspartner des FFE für den Studientag waren: Arbeitsstelle Frieden im Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe, Evangelische Erwachsenenbildung (EEB) die jungen Alten im Bezirk Karlsruhe, Pax Christi Diözesanverband im Erzbistum Freiburg.

Quelle: Forum Friedensethik (FFE) - Pressemitteilung vom 12.11.2023.

Veröffentlicht am

16. November 2023

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