Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Orientierungen

Von Katrin Warnatzsch (aus: Lebenshaus Schwäbische Alb, Rundbrief Nr. 116, März 2023 Der gesamte Rundbrief Nr. 116 kann hier heruntergeladen werden: PDF-Datei , 634 KB. Den gedruckten Rundbrief schicken wir Ihnen/Dir gerne kostenlos zu. Bitte einfach per Mail abonnieren )

Mit einer ersten eigenen Präsentation für den Unterricht in seiner Ausbildungsklasse habe ich mich zusammen mit einem unserer afghanischen Mitbewohner beschäftigt: "Verkaufssituationen bei Kunden in Begleitung." Zunächst musste er sich in die verschiedenen Rollen der Sprechenden versetzen, und danach dies in verständliches Deutsch bringen. Die Sprech-Empfehlungen aus Sicht der Firma, die unbedingt etwas verkaufen will, und die vom Auszubildenden umzusetzen sind, kamen mir nun sehr bekannt vor: in wie vielen Läden wird tatsächlich immer dasselbe Sprechmuster von Verkaufenden an Kaufwillige herangetragen, bis sie ein Produkt endlich bezahlen! Dabei erinnere ich mich an einen Ausspruch unseres vor allem an der Kasse sitzenden Mitbewohners vor Weihnachten: "Die Leute kaufen und kaufen, das Zeug ist alles unsinnig, ich weiß nicht, wofür man das braucht!" Solch kritische Anmerkungen sind im Unterricht natürlich nicht erwünscht. Trotzdem ist es für ihn eine herausfordernde Erfahrung, das erste Mal vor der Klasse zu stehen an der Stelle, wo sonst die Lehrerin steht. Für ihn, der vor sieben Jahren als Analphabet und ohne Schulbildung aus dem Krieg hierher kam, ist diese Ausbildung eine große Leistung.

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"Meine Frau und mein Sohn warten seit langem auf die Ausreise zu mir nach Deutschland. Da es in Afghanistan kein deutsches Konsulat mehr gibt, mussten sie nach Pakistan reisen, zusammen mit meinem Bruder, denn alleine geht das nicht. Die Reise und die Vorbereitungen für all die notwendigen Papiere haben mich sehr viel Geld gekostet. Das Konsulat hat sie wieder weggeschickt, sie mussten nach Tagen wiederkommen und erhielten die Auskunft, dass sie nun alle Papiere erneut beschaffen müssen. Das kostet mich von neuem wieder viel Geld. Sie mussten unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren." Dies ist ein Beispiel für die Erfahrungen einiger der jungen Männer in unserem Umfeld.

Unser zweiter Mitbewohner arbeitet jeden Tag und auch nachts hart in einer Pflegegruppe bei Menschen mit Behinderungen, sein Verdienst müsste gut für sein eigenes Leben hier ausreichen. Aber er muss sowohl seine Frau und seinen Sohn, als auch seinen Bruder mit Familie mitversorgen, der sich um die Frau kümmert. Frauen dürfen in Afghanistan nichts mehr alleine unternehmen, sie benötigen immer erwachsenen männlichen "Begleitschutz" und haben - natürlich - kein eigenes Einkommen. Der Bruder hatte ebenfalls bei einer deutschen Firma gearbeitet, den Job jedoch seit dem Rückzug Deutschlands und der Machtübernahme der Taliban verloren. Unter dem Taliban-Regime bekommt er keine Arbeit mehr. Auch er muss letzten Endes raus aus dem Land. Es gibt große Armut und die Familien, die irgendeinen Verwandten im Ausland haben, hängen inzwischen völlig von der Versorgung durch diese ab. Die Alternative ist der Hunger…

Wir mussten uns erneut klar machen, dass wir betreffend der gestiegenen Mietnebenkosten auch im Lebenshaus, nicht nur das Einkommen unseres Mitbewohners, sondern auch dessen Verwandtschaft in Afghanistan berücksichtigen müssen. Deswegen wird sein Wohnen hier weiterhin von unserem Verein entgegenkommend unterstützt.

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Seit fast drei Jahrzehnten begleiten wir eine Familie, deren Herkunftsland Kosovo ist. Die beiden Erwachsenen flohen damals unabhängig voneinander vor dem Krieg nach Deutschland und heirateten hier. Sie haben inzwischen eine erwachsene Tochter und einen jugendlichen Sohn, die beide in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Die beiden Kinder haben sich in Schule und Ausbildung zu starken jungen Menschen entwickelt, selbstständig und erfolgreich. Im Grundschulalter hatte ich mit beiden Mathe und Deutsch gelernt. Durch viele Tiefen und vor allem finanzielle Engpässe haben wir die Familie immer wieder unterstützt. In den letzten Jahren haben sie sich deutlich stabilisiert. Das Familieneinkommen wird durch jahrzehntelange Hilfsarbeitertätigkeit und als Reinigungskraft erwirtschaftet, inzwischen verdient auch die Tochter ihr eigenes Einkommen als Fachkraft.

Nun erhielten wir ganz aktuell eine sehr traurige und schockierende Nachricht: der Ehemann und Vater ist an einer schweren, zur Pflegebedürftigkeit führenden Krankheit erkrankt. Es stehen nun erneut schwere Zeiten für die Familie vor Augen, die sich erst einmal mit dem Krankheitsbild vertraut machen muss. Es ist selbstverständlich, dass wir unsere Unterstützung anbieten, wo wir können. Dafür bitten wir unsere Freunde und Freundinnen dringend um großzügige Unterstützung, damit wir ihnen die Teilnahme an einem Angehörigenseminar und weitere Hilfen ermöglichen können.

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Austausch mit einer in Süddeutschland lebenden kurdischen Familie, die vor rund 20 Jahren im Lebenshaus wohnte, nach dem Erdbeben in der Türkei und Syrien:

"Liebe Hatice! Wie geht’s Euch? Seid Ihr von dem Erdbeben betroffen? Es ist ja furchtbar…"

Hallo, liebe Katrin

Leider, leider ja, wir haben auch Familien von denen wir nichts gehört haben seit 4 Uhr morgens. Es tut sehr weh, was da passiert ist..

"Liebe Hatice, Wer ist genau vermisst? Wir denken an euch, wenn du kannst, schreib mir. Sei
umarmt."

Mein Vater sein Onkel und die Frau werden vermisst ..

Die Familie von meinem Schwager seiner Frau wird auch vermisst es werden sehr, sehr viele vermisst… Danke dir, liebe Katrin

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"Ich habe gerade meine Überstunden auszahlen lassen, nun kann ich den Kredit von Euch beginnen abzuzahlen!" Mit dieser erfreulichen Mitteilung stand ein junger Mann vor der Haustür, der schon lange mit seiner Überschuldung kämpft und das Lebenshaus bei der Rückzahlung des Darlehens zwar hinten anstellen durfte, aber nicht vergessen hat. Die Würde der Menschen zu wahren, indem wir kleine Raten ohne Zinsen vereinbaren, ist unser Prinzip. Nicht durch Schenkung oder Erlassen von Schulden die Selbsterkenntnis des eigenen Fehlverhaltens verhindern, sofern solches vorliegt. Es ist erfreulich, wenn auch nach langer Zeit noch Menschen ihre Zuverlässigkeit beweisen und persönlich den Kontakt zu uns wieder aufnehmen.

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Leo N. Tolstoi, ein Friedensprojekt. Wann immer ich Zeit finde, setze ich mich an die von Peter Bürger ausgewählten Texte von Tolstoi, um sie in dreimaligem Lesen, Drehen und Wenden in mich aufzunehmen, zu verstehen und im Endeffekt dann korrigiert und von der FRAKTUR-Vorlage in lesbare deutsche Schrift zu bringen. In diesen Texten finde ich die Wurzeln der Gewaltfreiheit so praktisch und lebensnah beschrieben, teilweise in heutzutage fast amüsanter Wortwahl, weil die Lebenswelt damals eine ganz andere war. Die Texte, je mehr um so tiefer, gehen mir direkt ins Herz und ich glaube, das ist eine Arbeit, die mich resilienter macht. Dieses Wort, mit dem wir den Mehrfach-Krisen unserer Lebenswelt begegnen wollen, wird für mich dadurch praktisch erfahrbar. Die "Tolstoi-Friedensbibliothek" (www.tolstoi-friedensbibliothek.de) kann dazu einen konkreten, langsamen, aber tiefenwirksamen Beitrag leisten.

Lebenshaus Schwäbische Alb: Bitte um Unterstützung

Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit per Rundbrief, Websites und Newsletter, Aktionen wie Mahnwachen gegen den Ukrainekrieg, für einen endgültigen Atomausstieg und am Hiroshima-/Nagasaki-Gedenktag, Veranstaltungen wie z.B. unsere jährlichen Tagungen im Herbst oder Veranstaltungen, die aktive Mitarbeit wie z.B. in der Kampagne "Wehrhaft ohne Waffen", die solidarische Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen, sowie möglichst Abbau von Verbindlichkeiten für das Gebäude erfordern erhebliche Finanzmittel. Zudem müssen die Personalkosten aufgebracht werden für eine 30-Prozent-Teilzeitstelle (Michael Schmid) und 2 Minijobs (Katrin Warnatzsch und Julia Kramer). Leider sind wir auch von der allgemeinen Teuerungsrate betroffen, so dass in verschiedenen Bereichen die Kosten weiter nach oben gehen.

Wir möchten auch nach 30 Jahren unsere Arbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie so engagiert wie bisher fortsetzen können bzw. weiter ausbauen. Damit uns das gelingt, bitten wir um Unterstützung unseres politisch unabhängigen Engagements durch eine Spende oder Fördermitgliedschaft.

Herzlich bedanken wollen wir uns bei allen, die unsere Arbeit unterstützen!

Mehr zu unseren Aktivitäten findet sich z.B.hier:

"Über uns"

Über uns: Lebenshaus Schwäbische Alb

Bei “Transparenz TV” aus Berlin: Das Lebenshaus Schwäbische Alb - Video aus der Sendereihe "Friedensfragen mit Clemens Ronnefeldt"

"Kriegsdienstverweigerer. Unsere Geschichten"

Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit" und

Möglichkeiten der Unterstützung .

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Der Verein Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. ist durch das Finanzamt Sigmaringen als gemeinnützig und mildtätig anerkannt (aktueller Bescheid vom 22.07.2021). Spenden und Mitgliedsbeiträge sind daher steuerabzugsfähig. Ab 25 € werden automatisch Spendenbescheinigungen zugestellt, für niedrigere Beträge auf Anforderung (bitte bei Erstspenden Anschrift wegen Spendenbescheinigung angeben).

Kontaktaufnahme

Wer Kontakt mit uns aufnehmen möchte, kann dies tun über Telefon (07574-2862), Fax (07574-91110), Brief (Bubenhofenstr. 3, 72501 Gammertingen) oder E-Mail (info@lebenshaus-alb.de).

Um Info-Materialien anzufordern bzw. für den Antrag auf Fördermitgliedschaft, für die Ausstellung einer Einzugsermächtigung und Weiteres kann die PDF-Dateii Rückantwort-Formular ausgedruckt und ausgefüllt an uns zurückgesandt werden. Wer speziell den Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit" fördern möchte, kann dieses Formular verwenden Antwortformular Solidarfonds (PDF-Datei) 

Fußnoten

Veröffentlicht am

12. März 2023

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