Gaza, der Westen und das VölkerrechtVon John Neelsen Im aktuellen Konflikt um Gaza sind die westlichen Regierungen, allen voran Washington und Berlin, ebenso wie die etablierten Medien Partei. Sie stehen voll hinter Israel, dessen Existenzrecht sie durch die Terrororganisation Hamas bedroht sehen. Bombardierung und späterer militärischer Einmarsch nach Gaza mit dem Ziel, die Hamas zu vernichten, finden ihre Zustimmung. Völkerrechtlich stützen sie sich dabei auf das Recht auf Selbstverteidigung angesichts des bewaffneten Angriffs der Hamas vom 7. Oktober mit 1.139 Opfern, darunter 695 Zivilisten, und 240 Geiseln.
https://www.france24.com/en/live-news/20231215-israel-social-security-data-reveals-true-picture-of-oct-7-deaths
Ob und wie viele der ursprünglich über 1.000 Hamas Kämpfer, die bei dem Angriff mit Gleitschirmen und auf Motorrädern die Mauer auf israelisches Gebiet zu Tode kamen, sich darunter befinden, ist ungeklärt.
https://www.csis.org/analysis/hamass-october-7-attack-visualizing-data
. Umstritten ist allein angesichts Tausender von Toten unter der Zivilbevölkerung Gazas deren Verhältnismäßigkeit. Diese Position widerspricht fundamental dem Völkerrecht. Statt der proklamierten menschenrechtsbasierten Außenpolitik ist der Westen Komplize eines späten Kolonialismus. 1. Der Sechs-Tage-Krieg 1967, Völkerrecht und Status der Kontrahenten
2. Völkermord in Gaza und ‚Grundgesetz Israel‘
3. Israel, Gaza und der WestenIsrael kann auf die grundsätzliche Unterstützung des kollektiven Westens, insbesondere der USA und Deutschlands, bauen. Schon lange als Terrororganisation gebrandmarkt, war die absolute Verurteilung des Angriffs der Hamas vom 7. Oktober vorhersehbar. Dessen Hintergründe werden ebenso wenig beleuchtet wie die Geschichte des seit 1948 andauernden Palästina-Konflikts, die Politik Israels oder die Perspektiven einer langfristigen Lösung auf Basis des Völkerrechts. Israel gilt als belagerte Demokratie in einem feindlichen Umwelt, das von einer blutrünstigen Terrorbande überfallen, in seiner Existenz gefährdet, in seinem Recht auf Selbstverteidigung, konkret Einmarsch in Gaza und Vernichtung der Hamas, militärisch und politisch unterstützt werden muss. https://actu.orange.fr/monde/washington-va-continuer-de-fournir-des-armes-a-israel-mais-plaide-pour-davantage-d-aide-humanitaire-a-gaza-CNT000002aIFe9.html AFP 19. Dezember 2023. So ist trotz wachsender Forderungen nach einer (erneuten) ‚humanitären Feuerpause‘ bzw. einem Waffenstillstand die materielle politische und militärische Unterstützung Israels im Gegensatz zu den eher symbolischen Akten der Solidarität gegenüber palästinensischen Opfern ungebrochen. So hat Frankreich zwei Lazarettschiffe nach Gaza entsandt und zwei verletzte Kinder von dort aufgenommen. https://www.reuters.com/world/france-send-new-medical-supplies-hospital-ship-gaza-2023-11-19 /; https://www.diplomatie.gouv.fr/en/country-files/israel-palestinian-territories/news/2023 . So entsandten die USA wie auch Frankreich frühzeitig Schlachtschiffe in die Region, um eine Ausweitung des Krieges zu verhindern, objektiv Israel den Rücken freizuhalten, dem Land einen Mehrfrontenkrieg zu ersparen. Ähnliches gilt für die Operation Prosperity Guardian im Roten Meer gegen Drohnen der mit den Palästinensern solidarischen jemenitischen Huthi. Von den USA offiziell zum Schutz der Handelsschifffahrt und der Freiheit der Meere initiiert, beteiligen sich, obwohl unmittelbar betroffen und Gegner der Huthis, weder Saudi Arabien noch Ägypten an dem Unternehmen. Auch China, das auf der afrikanischen Seite der Meerenge von Bab el-Mandeb eine Marinebasis unterhält, fehlt. Stattdessen befinden sich die Kriegsmarinen Frankreichs, Großbritanniens, der Niederlande, Norwegens, Italiens und Kanadas an vorderster Front, und auch die BRD überlegt einzusteigen. vgl. https://www.tagesschau.de/inland/rotes-meer-bundesregierung-allianz-100.html ; https://www.theguardian.com/us-news/2023/dec/19/us-announces-naval-coalition-to-defend-red-sea-shipping-from-houthi-attacks sowie https://www.aljazeera.com/news/2023/12/20/are-houthi-red-sea-attacks-hurting-israel-and-disrupting-global-trade . Resümee: Weder die Existenz, schon gar nicht das Existenzrecht des Staates Israel stehen auf dem Spiel, sondern der mit millionenfachem Elend bezahlte zionistische Kolonialismus. Statt auf das, allein wahre Sicherheit versprechende, implizite Zugeständnis eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 in Hamas programmatischen Grundsätzen von 2017 einzugehen https://www.middleeasteye.net/news/hamas-2017-document-full Darin heißt es in Art. 20 ‘Hamas believes that no part of the land of Palestine shall be compromised or conceded, irrespective of the causes, the circumstances and the pressures and no matter how long the occupation lasts. Hamas rejects any alternative to the full and complete liberation of Palestine, from the river to the sea. However, without compromising its rejection of the Zionist entity and without relinquishing any Palestinian rights, Hamas considers the establishment of a fully sovereign and independent Palestinian state, with Jerusalem as its capital along the lines of the 4th of June 1967, with the return of the refugees and the displaced to their homes from which they were expelled, to be a formula of national consensus., wird die gegenwärtige Politik auch in den folgenden Generationen nur zu mehr Hass, Widerstand und Blutvergießen führen. Ein Volk von heute weltweit 16 Millionen, dessen weit überwiegende Mehrheit in Europa über Jahrhunderte verfolgt, im Holocaust ein Drittel seiner Mitglieder hingemordet erlebt hat, wendet gegenüber den Palästinensern ähnliche Methoden der Ausgrenzung und Unterdrückung an – das ist die wahre Tragödie Israels. Es wird die Schlacht um Gaza gewinnen, aber den Krieg verlieren! Der Genozid an der Bevölkerung, die Zerstörung von Gotteshäusern, Wohnungen, Sozialeinrichtungen und Hospitälern in Gaza hat die Weltöffentlichkeit gegen Israel aufgebracht, seine westlichen Beschützer isoliert und deren Kolonialvergangenheit ins kollektive Gedächtnis des globalen Südens hervorgeholt. Durch den Ukraine-Konflikt bereits angekratzt, wird der politische Niedergang des Westens und seiner Führungsmacht USA beschleunigt, seine Menschenrechtsrhetorik als Instrument einer Doppelmoral im Dienste reiner Machtpolitik entlarvt. Quelle: NachDenkSeiten - 06.01.2024. FußnotenVeröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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