Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Ermutigende Tagung “We shall overcome!” in Gammertingen

Der Verein "Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie" hatte am 19. Oktober seine 12. Tagung "’We shall overcome!’ Gewaltfrei für die Vision einer Welt ohne Gewalt und Unrecht" organisiert. In das evang. Gemeindehaus in Gammertingen waren einer der bekanntesten Pazifisten und Rüstungsgegner des Landes, Jürgen Grässlin, sowie der Publizist, Konfliktforscher und interkulturelle Trainer Dr. Leo Ensel eingeladen. 50 Teilnehmende erlebten informative Tagungsbeiträge und beteiligten sich anschließend an der lebhaften Diskussion. Die Tagung wurde von allen als anregend und ermutigend wahrgenommen.

Eine Besonderheit dieser Tagungen ist es, dass von den Referierenden ein biografischer Zugang gewählt wird. Damit sollen nicht Sachthemen im Vordergrund stehen, sondern die ganz persönlichen Lebensgeschichten der Referierenden, wie sie daraus ihr politisches Selbstverständnis entwickelt haben und woher sie letztlich Mut und Kraft für ihr lang anhaltendes Engagement ziehen.

Jürgen Grässlin (67) schilderte seinen Weg entlang verschiedener Schlüsselerlebnisse. Angefangen damit, dass er als junger Wehrpflichtiger bei der Schießausbildung mit dem Gewehr G3 einem "Pappkameraden" gezielt zwischen die Augen schießen sollte, diesen Befehl jedoch verweigerte. Er berichtete anschaulich von den ersten Aktionen gegen die Oberndorfer Rüstungsfirma Heckler & Koch und wie er dort 1989 das Rüstungs-Informationsbüro Oberndorf (RIO) gründete. Nebenbei sei angemerkt, dass Jürgen Grässlin Pädagogik studierte und sein gesamtes Berufsleben sehr gerne als Lehrer gearbeitet hat. Seine intensiven Recherchen führten ihn auch zu den Orten im Ausland, an denen diese Waffen in Lizenz gefertigt werden, und zu Menschen, die Opfer dieser Waffen wurden. Grässlin bezeichnete die Rüstungsfirma Heckler & Koch als "tödlichstes Unternehmen Deutschlands". Der Referent erzählte von den Aktionen der "Kritischen Aktionäre", die als Aktieninhaber verschiedener Rüstungsfirmen auftreten. Am Beispiel eines Urteils des Bundesgerichtshofs zu seinen Gunsten gegen Daimler-Manager Schrempp wurde ihm einmal mehr bewusst, wie wichtig es ist, trotz aller Zweifel, aufrecht und standhaft zu bleiben und sich vor allem Verbündete zu suchen. Diese finde er z.B. in der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!". Bis heute scheiterten alle Versuche von Rüstungs- und Automobilkonzernen, ihn und seine Mitstreiter mundtot zu machen.

Mit seinen aktuellen Büchern "Einschüchtern zwecklos. Unermüdlich gegen Krieg und Gewalt - was ein Einzelner bewegen kann" und "Wie Lichter in der Nacht. Menschen, die die Welt verändern - Ein Mutmachbuch" ist er derzeit auf Lesereise. Zahlreiche Fragen aus dem Publikum sorgten dann für eine angeregte Vertiefung der Themen, so z.B. über seine Zeit als Parteimitglied der "Grünen", wo sein Austritt als konsequenter Pazifist die logische Konsequenz war. Als Schlussbotschaft gab er dem Auditorium mit, mutig zu sein für positive Veränderungen, sich an Netzwerke anzuschließen und selbst eine Kultur des Friedens zu leben.

Nach einer ausgiebigen, mit intensiven Gesprächen gefüllten Mittagspause, berichteten in einem reich bebilderten Beitrag Katrin Warnatzsch und Michael Schmid als Hauptaktive des Vereins Lebenshaus wie es dazu kam, dass auf der Schwäbischen Alb 1993 dieser Verein gegründet wurde, sowie über aktuelle Aktivitäten. Mit den Schwerpunkten Soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie wollte man sich ganz bewusst für einen gewaltfreien Begriff von Frieden, hin zu der gewünschten "besseren Welt" einsetzen. Die drei im Vereinsnamen genannten Aspekte sollen im Alltag und in der politischen Arbeit miteinander verbunden und gelebt werden.

Leo Ensel (70) hatte den Titel gewählt: "Zwischen allen Stühlen - ein Leben zwischen Ost und West". Er verdeutlichte: "Wenn man nur die Wahl hat zwischen zwei falschen Alternativen, dann ist man im Nirgendwo am besten aufgehoben." Als junger Mensch fuhr er regelmäßig aus privaten Gründen in die DDR und pendelte so erstmals zwischen zwei Welten.

Die damals allgegenwärtige Angst vor den Russen veränderte sich in den 80iger Jahren in eine allgemeine Angst vor dem Atomkrieg. Leo Ensel schrieb deshalb für die Friedensbewegung ein Buch über "Angst und atomare Aufrüstung".  Für ihn kam es einem Wunder gleich, dass ausgerechnet "der Feind Russland" in Person von Michail Gorbatschow die entscheidenden Schritte einleitete, die den "Kalten Krieg" beendeten, zum Fall der Mauer führten und zu dem bis heute wichtigsten Abrüstungsvertrag, nämlich dem INF-Vertrag, mit dem eine ganze Waffenkategorie in Ost und West restlos verschrottet wurde und anschließend 80 Prozent aller Atomsprengköpfe weltweit gleich mit!

Später führte er im Auftrag von Goethe-Instituten und Stiftungen interkulturelle Trainings mit Germanistikstudentinnen zum Thema Perspektivwechsel führte er in verschiedenen Ländern des ehemaligen Warschauer Pakts, u.a. auch in Kiew und in Donezk durch, und er lernte dabei auch viele Menschen persönlich kennen. Leo Ensel bezeichnete sein Tun in der Rückschau als eine Art psychische Aufräumarbeiten nach dem Ende des "Kalten Krieges".

Dass vor fünf Jahren der INF-Vertrag gekündigt wurde - zunächst von den USA - und jetzt eine "Nachrüstung 2.0" mit neuen Mittelstreckenraketen vorbereitet wird, macht ihn "fassungslos und zornig". Seitdem bemüht er sich darum, die Gorbatschow’sche Idee eines "gemeinsamen Europäischen Hauses" wieder zu beleben. Seine zahlreichen Essays und Vorträge zielen darauf, Ideen und Konzepte zu entwickeln, wie die Situation deeskaliert werden kann, wobei seine Erfahrungen und persönlichen Kontakte in Russland, Belarus, Ukraine, usw. sehr hilfreich sind.

Auf die zahlreichen Nachfragen aus dem Plenum konnte Leo Ensel detailliert von seinen Erfahrungen erzählen und verdeutlichte dabei in differenzierten Stellungnahmen, wie sehr ihm eine sachliche Debatte am Herzen liegt. Sein Motto dabei: "Look at the other side!"
Den Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmern gab er zum Abschluss als Ermutigung mit auf den Weg "Just do it!".

Umrahmt wurde die Tagung auch dieses Jahr wieder in bewährter Weise von einem wunderbaren, gehaltvollen und ausdrucksstarken musikalischen Programm, dargeboten von Gabriele Lang (Gesang und Cello) und Bernd Geisler (Gitarre und Sarod). Unterstützt wurden sie dabei von Mitgliedern ihres Aktionsorchesters "Lebenslaute", das für seine gewaltfreien, musikalischen Aktionen bekannt ist. Dabei reichte das Spektrum von Liedern des indischen Dichters Tagore, begleitet vom afghanischen Sarod, über Choräle von Bach, dem vertonten Gedicht "Sag Nein!" von Wolfgang Borchert, bis hin zu einem Lied des chilenischen Dichters Victor Jara.

Konzert bei Baumbesetzung im Altdorfer Wald

Ebenfalls einbezogen in unser Tagungswochenende war ein Solidaritätskonzert von "Lebenslaute" bei der Waldbesetzung im Altdorfer Wald bei Wolfegg. Dort halten überwiegend junge Menschen ein Waldstück seit über dreieinhalb Jahren besetzt, um es vor der Zerstörung für den geplanten Kiesabbau zu retten. Rund 90 Menschen wohnten dem besonderen Konzert im Altdorfer Wald bei. (Siehe auch hier )


In der Dezember-Ausgabe unseres gedruckten Rundbriefs wird ausführlich über die Tagung 2024 berichtet, insbesondere über die Beiträge von Jürgen Grässlin und Leo Ensel. Der Rundbrief kann kostenlos abonniert werden: info@lebenshaus-alb.de . Mitglieder sowie Spenderinnen und Spender erhalten ihn automatisch zugestellt.

Weblinks:

Referierende der einzelnen Tagungen auf einen Blick

2024   Jürgen Grässlin   Dr. Leo Ensel  
2023   Christoph Besemer   Heike Hänsel

  Michael Schmid u.
  Katrin Warnatzsch

2022   Emran Feroz   Barbara u. Dr. Eberhard Bürger   Marion Küpker
2021   Klaus Pfisterer   Thomas Gebauer   Karen Hinrichs
2020   Thomas Felder   Renate Wanie   Hans-Hartwig Lützow
  2019   Eva-Maria Willkomm   Andreas Linder   Nirit Sommerfeld
  2018   Katja Tempel   Peter Bürger   Andreas Zumach
  2017   Julia Kramer   Paul Schobel   Clemens Ronnefeldt
  2016   Sonnhild Thiel   Werner Gebert   Ursula Sladek
  2015   Heinz Rothenpieler   Dr. Ute Finckh-Krämer   Jochen Stay
  2014   Dr. Martin Arnold   Jutta Sundermann   Roland Blach
  2013   Dr. Wolfgang Sternstein   Wiltrud Rösch-Metzler   Ullrich Hahn

 

Lebenshaus Schwäbische Alb: bitte um Unterstützung

1993 haben wir unseren Verein gegründet, um damit für eine weltweite friedliche, soziale gerechte und umweltverträgliche Entwicklung einzutreten. Wir sind heute wie zu Beginn unserer Vereinsgeschichte der Überzeugung, dass diese Ziele gefördert werden müssen. Seit über 30 Jahren tragen wir unseren Teil dazu bei. Gerne möchten wir unsere Arbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie so engagiert wie bisher fortsetzen können. Damit uns das gelingt, bitten wir um Unterstützung unseres Engagements - gerne mit einer Einzelspende oder gar einer regelmäßigen Spende oder einer Fördermitgliedschaft.

Herzlich bedanken wollen wir uns bei allen, die unsere Arbeit unterstützen!

Mehr zu unseren Aktivitäten findet sich z.B. im

"Über uns"

Über uns: Lebenshaus Schwäbische Alb

Bei “Transparenz TV” aus Berlin: Das Lebenshaus Schwäbische Alb - Video aus der Sendereihe "Friedensfragen mit Clemens Ronnefeldt"

"Kriegsdienstverweigerer. Unsere Geschichten"

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Der Verein Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. ist durch das Finanzamt Sigmaringen als gemeinnützig und mildtätig anerkannt (aktueller Bescheid vom 11.09.2024). Spenden und Mitgliedsbeiträge sind daher steuerabzugsfähig. Ab 25 € werden automatisch Spendenbescheinigungen zugestellt, für niedrigere Beträge auf Anforderung (bitte bei Erstspenden Anschrift wegen Spendenbescheinigung angeben).

Kontaktaufnahme

Wer Kontakt mit uns aufnehmen möchte, kann dies tun über Telefon (07574-2862), Brief (Bubenhofenstr. 3, 72501 Gammertingen) oder E-Mail (info@lebenshaus-alb.de).

Um Info-Materialien anzufordern bzw. für den Antrag auf Fördermitgliedschaft, für die Ausstellung einer Einzugsermächtigung und Weiteres kann die PDF-Datei Rückantwort-Formular ausgedruckt und ausgefüllt an uns zurückgesandt werden. Wer speziell den Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit" fördern möchte, kann dieses Formular verwenden Antwortformular Solidarfonds (PDF-Datei)

 

 

Veröffentlicht am

23. Oktober 2024

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