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Eduard Bernstein, die SPD und die deutsche Kriegspolitik

Ein neuer Band im Regal über Pazifisten und Antimilitaristinnen aus jüdischen Familien - Schriften eines bedeutsamen Vertreters der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG)

Redaktion "edition pace"

Das Lebenshaus Schwäbische Alb ist Kooperationspartner beim Editionsprojekt "Pazifisten und Antimilitaristinnen aus jüdischen Familien". Soeben ist als neuer Band dieser Reihe eine Sammlung der Schriften des Sozialdemokraten Eduard Bernstein (1850-1932) zum Ersten Weltkrieg erschienen. Die Publikation ("Das kostbarste Gut ist der Friede") liegt zunächst als Digitalausgabe vor und kann ebenfalls als illustrierte Buchausgabe erworben werden.

Der sozialdemokratische Politiker Eduard Bernstein (geb. 6.1.1850; gest. 18.12.1932 in Berlin) "zählte schon vor dem 1. Weltkrieg zu denjenigen Sozialisten, die aufgrund ihres reformistischen Konzepts die zwischen Sozialdemokratie und Pazifismus bestehenden Schranken zu überwinden vermochten … Als erster Sozialdemokrat seit 1912 in der Friedens-Warte publizierend, verteidigte er den wissenschaftlichen Pazifismus von A.H. Fried gegen Attacken aus dem radikalen Lager seiner Partei. Obwohl er den Kriegskrediten zustimmte, erkannte er früh im kaiserlichen Deutschland den eigentlichen Schuldigen am Ausbruch des Ersten Weltkrieges und schloss sich als eines der ersten zehn Mitglieder dem Bund Neues Vaterland (BNV) an. Auch der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) trat er bei. 1915 wurde er Mitglied des ‚Internationalen Rates’, eines Organs der im Frühjahr in Den Haag gegründeten Zentralorganisation für einen dauernden Frieden. Am 19. Juni 1915 veröffentlichte er mit H. Haase und K. Kautsky in der Leipziger Volkszeitung den Aufruf ‚Das Gebot der Stunde’, in dem ein sofortiger Verständigungsfrieden gefordert wurde. Als einen der 40 Unterzeichner des Gründungsaufrufes der ‚Zentralstelle Völkerrecht’ (ZV) wählte ihn deren Gründungsversammlung 1916 in die Geschäftsleitung. 1917, als er sich der USPD anschloss, gehörte er zu den Teilnehmern des Kongresses zum Studium der Grundlagen eines künftigen Friedens in Bern. Im gleichen Jahr entwarf Bernstein eine ‚sozialdemokratische Völkerpolitik’, deren Ziel ein demokratisch fundierter ‚Bund der Völker’ sein sollte. - Nach 1918 war Bernstein […] Mitglied der Geschäftsleitung der DFG. Ebenso gehörte er dem Internationalen Ehrenausschuß des … Bundes für Menschheitsinteressen an und war Mitglied des Präsidiums der Deutschen Liga für Völkerbund (DLV). Bernstein, der unbeirrbar an der Feststellung der Alleinschuld Deutschlands am Krieg festhielt, registrierte - vor allem auf dem im Juni 1919 stattfindenden Parteitag der SPD - enttäuscht den Unwillen der Partei, dieser Forderung zu entsprechen …" (Lothar Wieland, in: H. Donat/K. Holl: Die Friedensbewegung. Handlexikon 1983).

"Wir sind eingeseift worden …"

Im einleitenden Essay zu dieser Sammlung von Schriften zum Ersten Weltkrieg schreibt Helmut Donat:
"Eduard Bernstein scheute sich nie, unpopuläre Ansichten klar und deutlich zu vertreten oder Irrtümer öffentlich einzugestehen. Zunächst der allgemeinen Kriegsbegeisterung erlegen, bezeichnete er später den 4. August 1914 als den ‚schwärzesten Tag seines Lebens’. Obwohl er sich mit dieser Haltung selbst in sozialdemokratischen Kreisen keine Freunde machte, war die Erkenntnis, dass die deutsche Regierung in hohem Maße für den Ersten Weltkrieg verantwortlich war, für sein weiteres Handeln von überragender Bedeutung. Er fühlte sich von dem Regierungspersonal hintergangen und betrogen, auch von der eigenen Partei, die sich auf die Seite der herrschenden Kreise geschlagen und mit dem ‚System’, dem sie eigentlich keinen Groschen bewilligen wollte, einen ‚Burgfrieden’ geschlossen hatte. ‚Fast seherisch’, so der spätere Reichspräsident Paul Löbe, ‚muten die Reden Bernsteins an, in denen er auf die verhängnisvollen Wirkungen der deutschen Flottenpolitik hinwies - zuletzt noch im Mai 1914 -, in denen er die deutsche Regierung warnte, sich von der Habsburgischen Politik Österreichs ins Schlepptau nehmen zu lassen.’ Die Zustimmung der Partei am 4. August 1914 im Reichstag zu den Kriegskrediten sei ‚ein Unheil für unser Volk, ein Unheil für die Kulturwelt’ gewesen. Und bereits Anfang September 1914 erklärte er: ‚Die deutsche Regierung ist die Hauptschuldige am Kriege, wir sind eingeseift worden, die Bewilligung der [Kriegs-]Kredite war ein Fehler.’

Eduard Bernstein: Der Friede ist das kostbarste Gut. Schriften zum Ersten Weltkrieg. Mit einem Essay von Helmut Donat. Herausgegeben von Peter Bürger. (= edition pace | Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien, 5). Norderstedt: BoD 2024.
(ISBN: 978-3-7693-1268-3; Paperback; 353 Seiten; 14,99 €)

Inhaltsverzeichnis und Leseprobe auf der Verlagsplattform (überall im nahen Buchhandel bestellbar): https://buchshop.bod.de/der-friede-ist-das-kostbarste-gut-eduard-bernstein-9783769312683

Veröffentlicht am

15. November 2024

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