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“Für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel”

Rede von Clemens Ronnefeldt bei der Kundgebung "Für einen Gerechten Frieden in Palästina und Israel. Zivilbevölkerung schützen - Waffenexporte stoppen!" am 11.1.2025 in München.

Liebe Friedensinteressierte,

seit 1992 arbeite ich als Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes. Unser Verband hat aktuell ca. 100 000 Mitglieder in rund 40 Staaten und Beraterstatus bei den Vereinten Nationen.

Sechs Friedensnobelpreisträgerinnen und Preisträger gingen aus unserem Verband hervor, darunter Dr. Martin Luther King jr.

In einer Rede 1963 sagte er:

"Finsternis kann keine Finsternis vertreiben.
Das gelingt nur dem Licht.
Hass kann den Hass nicht austreiben.
Das gelingt nur der Liebe." https://friedenskultur-leben.de/index.php/gedanken-zum-frieden/friedens-history/2193-martin-luther-king-finsternis-kann-keine-finsternis-vertreiben .

Diese Botschaft möchte ich heute nach München bringen.

Meine Motivation, hier und heute zu sprechen, liegt auch in dem Aufruf begründet, auf den sich alle 13 Organisationen als Grundlage geeinigt haben: Es geht uns um einen gerechten Frieden in Palästina und in Israel! Siehe Flyer .

Ein gerechter Frieden setzt das Ende der Gewalt bewaffneter Gruppen und Armeen voraus, das Ende der völkerrechtswidrigen Besatzung und des Siedlungsbaus.

Ein gerechter Frieden braucht eine Lösung zur Frage der palästinensischen Geflüchteten und für Jerusalem.

Neben dem Existenzrecht Israels braucht es endlich auch ein Existenzrecht Palästinas. Beide gehören zusammen.

Liebe Friedensinteressierte,

im Aufruf zur heutigen Kundgebung heißt es:

"Wir verurteilen alle Kriegsverbrechen in diesem Krieg, sowohl die der Hamas und anderer bewaffneter palästinensischer Gruppen, als auch die der israelischen Regierung. Wir trauern um alle Opfer der Gewalt in Palästina und Israel. Wir bangen um die Tausenden, die in Israel willkürlich in Haft und oft Folter und Misshandlung ausgesetzt sind. Wir bangen um diejenigen, die als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. Wir solidarisieren uns mit allen, die sich für Frieden und gleiche Rechte für alle Menschen in der Region einsetzen."

Dieser letzte Satz ist ein weiterer Grund für mich, hier und heute zu sprechen:

Die Solidarität mit allen gewaltfreien Menschen in der Region, die sich z.B. einsetzen für die Angehörigen derjenigen, die ihr Leben verloren haben; für alle, die ihre Freiheit, ihre körperliche und seelische Gesundheit, ihr Zuhause und jegliches Gefühl von Sicherheit verloren haben - in Israel, Palästina, Libanon, Syrien, Irak, Iran und Jemen.

Seit 1990 habe ich an Friedensdelegationen u.a. nach Irak, Iran, Syrien, Libanon, Jordanien, Türkei, Ägypten, Israel und Palästina, teilgenommen - und dabei Menschen kennen gelernt, die in ihrer Menschlichkeit und ihrem Eintreten für einen gerechten Frieden mir Vorbilder und Motivation geworden sind.

Im Dezember 2005 besuchte ich mit einer Delegation des US-Versöhnungsbundes, mit dabei zwei US-Vertreter jüdischen Glaubens, u.a. die größte Synagoge in Teheran, wo wir Gemeindemitgliedern und dem jüdischen Parlamentsabgeordneten Maurice Motamed einen Solidaritätsbesuch abstatteten. Maurice Motamed beeindruckte mich mit seinem Mut, mit dem er eine Hetzrede gegen Israel des damaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad kritisierte. https://de.wikipedia.org/wiki/Maurice_Motamed .

Mit dieser und vielen weiteren Reisen des US-Versöhnungsbundes wollten wir einen Beitrag zur Verhinderung eines Krieges zwischen Iran auf der einen und Israel und den USA auf der anderen Seite leisten, wie er gerade wieder akut droht.

Bei mehreren Reisen nach Israel und Palästina in den letzten Jahrzehnten sind mir besonders Begegnungen mit den Rabbinern für Menschenrechte oder in der palästinensischen Begegnungsstätte "Tent of Nations" mit Daoud Nassar in Erinnerung geblieben, die an ihrem Motto festhält: "Wir weigern uns Feinde zu sein".

Dass israelische und palästinensische Menschen zusammen dauerhaft im Frieden leben können, zeigt seit Jahrzehnten das gemeinsame Dorf "Neve Shalom - Wahat al-Salam" - übersetzt: "Oase des Friedens".

Auch die "Combatants for Peace" oder "Standing Together" zählen für mich
zu den Hoffnungsträgern, weil sich in beiden Organisationen Mitglieder aus israelischen und palästinensischen Familien engagieren. Standing Together hat u.a. die großen Proteste gegen den Demokratieabbau der Regierung Netanjahu mitgetragen.

Standing Together organisierte auch Lebensmittel-Transporte in den Gazastreifen. Als Siedler an zwei israelischen checkpoints zum Gazastreifen die Hilfsgüter-LKW blockierten, ohne dass Polizei und Militär einschritten, waren es Mitglieder von Standing Together, die zwei Wochen lang mit ihren Körpern als menschliche Schutzschilde die Transporte schützten und so die Weiterfahrt der LKW nach Gaza ermöglichten. Die Siedler gaben auf.

Für mich war das Massaker vom 7. Oktober 2023 ein Schock, dem dann unmittelbar der Schock der Gaza-Zerstörung folgte.

Angehörige der israelischen Geiseln haben mich tief bewegt mit ihren Aufrufen zum Verzicht auf Rache und Gewalt.

Maoz Inon, deren Eltern am 7. Oktober ermordet wurden, schrieb: "Meine Eltern waren Menschen des Friedens … Rache wird meine Eltern nicht ins Leben zurückbringen. Sie wird auch andere getötete Israelis und Palästinenser nicht zurückbringen. Sie wird das Gegenteil bewirken … Wir müssen den Kreislauf durchbrechen." https://www.nd-aktuell.de/artikel/1177346.nahost-opfer-der-hamas-in-meinem-namen-will-ich-keine-rache.html .

Um diesen Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen verweigern aktuell zahlreiche israelische Militärpflichtige den Kriegsdienst - und nehmen dafür Gefängnisstrafen in Kauf. Sie werden dabei beraten von israelischen Organisationen wie Yesh Gvul, zu deutsch: "Es gibt eine Grenze" oder New Profile.

Dass die Bundesregierung der deutschen Organisation "Kurve Wustrow" die weitere Zusammenarbeit mit New Profile untersagt hat, ebenso mit Zochrot, einer israelischen Friedensorganisation, die an die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung 1947/48 erinnert, halte ich für einen großen Fehler. https://www.dw.com/de/deutschland-israel-zochrot-new-profile-ngo-finanzierung-v2/a-71235681 .

Auch die Zusammenarbeit mit mindestens sechs palästinensischen Menschenrechtsgruppen wurde seit dem 7. Oktober 2023 deutschen Organisationen untersagt - in einer Zeit wo deren Unterstützung äußerst notwendig gewesen wäre.

Ich fordere die Bundesregierung auf: Nehmen sie diese Entscheidungen zurück!

Setzen sie sich für eine große Konferenz ein, an der alle Staaten der Region beteiligt werden, um die überlebenswichtigen Themen Wasser, Ernährung, Gesundheit, Wiederaufbau und Sicherheit durch Abrüstung zu beraten.

Liebe Friedensinteressierte,

ich möchte schließen mit Gedanken von Fulbert Steffenski: "Hoffen lernt man auch dadurch, dass man handelt, als sei Rettung möglich. Hoffnung garantiert keinen guten Ausgang der Dinge. Hoffen heißt darauf vertrauen, dass es sinnvoll ist, was wir tun. Hoffnung ist der Widerstand gegen Resignation, (…). Sie ist vielleicht die stärkste der Tugenden, weil in ihr die Liebe wohnt, die nichts aufgibt, und der Glaube, der den Tag schon in der Morgenröte sieht." https://www.lebenswege-mad.ch/pdf/fulbert.steffensky_die.hoffnung.kann.lesen.pdf .

Danke fürs Zuhören! 

Clemens Ronnefeldt ist Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen Versöhnungsbundes .

Siehe ebenfalls:

 

Fußnoten

Veröffentlicht am

14. Januar 2025

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