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Deutschland gegen israelische Friedensgruppen

Die Bundesregierung entzieht der Nichtregierungsorganisation Kurve Wustrow und der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Fördermittel zur Unterstützung von zwei israelischen zivilgesellschaftlichen Organisationen: Zochrot und New Profile, zwei israelische NGOs, die sich für den Frieden und die Umsetzung des Völkerrechts einsetzen.

Kurve Wustrow und die Rosa-Luxemburg-Stiftung haben ihre Unterstützung für zwei israelische Organisationen der Zivilgesellschaft eingestellt : Zochrot und New Profile .

Zochrot bedeutet auf Hebräisch "Frauen, die sich erinnern". Die Organisation wurde 2002 gegründet, um der palästinensischen Nakba (der Vertreibung der Palästinenser seit 1947, siehe BIP-Aktuell #262 ) zu gedenken. Sie bringt z.B. Schilder und Markierungen in den zerstörten palästinensischen Gemeinden an, die während der Nakba von den israelischen Streitkräften ethnisch gesäubert wurden, und in Straßen, deren Namen geändert wurden, um ihre palästinensische Geschichte auszulöschen. Zochrot sammelte Dutzende von Zeugenaussagen von Palästinensern, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, und von israelischen Soldaten, die an der ethnischen Säuberung und an den Operationen zur Tötung von Palästinensern beteiligt waren, die versuchten zurückzukehren. Zochrot hat auch Pläne für die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und für den nachhaltigen Wiederaufbau zerstörter Gemeinden als Teil der Umsetzung der Resolution 194 der Generalversammlung der Vereinten Nationen von 1948 entwickelt, in der das Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr bestätigt wird. Eindrucksvoll dokumentiert wird ihre Arbeit in Lia Tarachanskys Dokumentation "On the side of the road".

Zochrot veröffentlichte eine Erklärung als Reaktion auf die Kürzung ihrer Mittel, in der darauf hingewiesen wird, dass die deutschen Beamten in den Verhandlungen mit Zochrot wiederholt gefordert hätten, dass Zochrot das Existenzrecht Israels als "jüdischer und demokratischer Staat" anerkennt. Die deutschen Beamten sagten auch, dass das Gedenken an die Nakba zwar in Ordnung sei, das Recht auf Rückkehr jedoch inakzeptabel sei.

Die Erklärung von Zochrot im Wortlaut:

"Erstens ist das Engagement für die Idee eines jüdischen Staates und nicht für die Sicherheit und das Wohlergehen aller Menschen, die in diesem Land leben, das Festhalten an einer suprematistischen Ideologie. Dies ist die falsche Lehre aus dem Völkermord, den das Nazi-Regime an Jüd:innen, Roma und Sinti begangen hat. Sie ist jetzt besonders ungeheuerlich, da sich ein weiterer Völkermord direkt vor unseren Augen abspielt. Deutschland macht sich nicht nur mitschuldig an dem laufenden Völkermord, sondern ist auch aktiv am antipalästinensischen Rassismus beteiligt, wie die Unterdrückung palästinensischer Äußerungen in Deutschland zeigt. Die Ablehnung des Rechts von Palästinenser:innen, die gewaltsam vertrieben wurden, in ihre Heimat zurückzukehren, ist ein weiterer Ausdruck dieses Rassismus.

Zweitens ist das Recht auf Rückkehr im Völkerrecht verankert. Insbesondere wurde das Recht auf Rückkehr für Palästinenser:innen vor Jahrzehnten von der UNO anerkannt. Die deutsche Regierung vernachlässigt nicht nur ihre Verpflichtung, dieses Recht aufrechtzuerhalten, sondern trägt auch dazu bei, Stimmen in der israelischen Gesellschaft zum Schweigen zu bringen, die für dieses Recht eintreten - Stimmen, die eine echte, dauerhafte Lösung und Gerechtigkeit anstreben. Zu behaupten, es sei wichtig, etwas über die Nakba zu lernen, und sich gleichzeitig zu weigern, sie als einen andauernden Prozess anzuerkennen oder auch nur darüber zu diskutieren, wie sie wiedergutgemacht werden kann, ist sowohl absurd als auch unehrlich.

Drittens kann die Wendung ‘ein jüdischer und demokratischer Staat’ nicht über Israels undemokratische Merkmale hinwegtäuschen, und sie kann auch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die begrenzten Freiheiten, die einige Israelis genießen, in immer schnellerem Tempo ausgehöhlt werden. Dazu gehören das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht, zu protestieren und sich zu organisieren. Indem die deutsche Regierung Zochrot und anderen israelischen Organisationen die Unterstützung entzieht und palästinensische Organisationen nicht unterstützt, macht sie sich an dieser Aushöhlung ebenso mitschuldig wie an den Angriffen auf palästinensisches Leben.

Wir sind stolz darauf, eine führende Stimme zu sein, die sich für das palästinensische Recht auf Rückkehr einsetzt. Wir sind auch stolz auf unsere bahnbrechende Bildungsarbeit, die Tausende von Israelis für die Ungerechtigkeiten sensibilisiert hat, auf denen dieser Staat aufgebaut wurde. Seit Jahren setzen wir uns für eine Vision von wahrer Gerechtigkeit und Rückkehr ein. Unabhängig von der staatlichen Finanzierung bleibt unser Engagement unerschütterlich, und wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, bis Palästina frei ist und alle hier lebenden Menschen - einschließlich der zurückkehrenden Flüchtlinge - in Frieden und Würde leben können."

New Profile ist eine 1998 gegründete israelische Antimilitarismus-Organisation. "Profil" heißt das Einstufungssystem nach der Musterung der Rekruten. Das höchstmögliche Profil ist 97, was eine Voraussetzung für Eliteeinheiten ist, aber jedes Profil über der Zahl 65 wird als "Kampfprofil" eingestuft. Das Profil 21 erhalten Rekrutierungskandidaten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Dienst zugelassen werden können. Sechs Frauen gründeten New Profile, um sich für das Recht der Israelis einzusetzen, ein ziviles Leben zu führen und ihrem Gewissen zu folgen. New Profile wurde in Israel von den Behörden bereits 2009 verfolgt , ihre Büros wurden durchsucht und die Mitarbeiter verhaftet, weil ihnen vorgeworfen wurde, junge Israelis zur Wehrdienstverweigerung zu animieren. Das israelische Gesetz sieht bis zu fünf Jahre Gefängnis für diejenigen vor, die zur Wehrdienstverweigerung anstiften (Quelle auf Hebräisch ). New Profile ist jedoch in Israel legal tätig. Die Organisation bietet Unterstützung für junge Israelis, die sich entschieden haben, den Militärdienst zu verweigern oder zu vermeiden. Sie behält daher ihren Status als gemeinnützige Organisation nach israelischem Recht. Laut einem Dokument des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das in Haaretz zitiert wurde (Quelle auf Hebräisch ), argumentierte das Ministerium, dass New Profile eine "illegale Organisation" sei.

New Profile reagierte auf die Entscheidung mit einer Stellungnahme:

"Die Einstellung der Finanzierung durch die deutsche Regierung gefährdet unsere Arbeit unmittelbar. […] Es ist ein weiterer Schlag gegen die essentielle Existenz zivilgesellschaftlicher Organisationen in einem Raum, der mit jedem Tag militaristischer und gehorsamer wird. […] Die Entscheidung der deutschen Regierung spielt der faschistischen Rechten und ihren Plänen für einen nicht enden wollenden Krieg in die Hände. Sie trägt zum anhaltenden Völkermord und zur gewaltsamen Unterdrückung des palästinensischen Volkes bei, das das erste und wichtigste Opfer der deutschen Politik der Unterstützung der ultrarechten Regierung Israels ist."

Die Organisation Kurve Wustrow schreibt auf ihrer Website , dass sie für gewaltfreien Aktivismus in Palästina eintrete; dennoch sei es ihr von der deutschen Regierung untersagt, den gewaltfreien Aktivismus in Israel zu unterstützen.

Der Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv, Gil Shohat, sagte gegenüber Haaretz (Quelle auf Hebräisch ), dass "die Entscheidung, die staatliche Genehmigung für die Zusammenarbeit mit diesen Organisationen zu verweigern, ein ungewöhnlicher und besorgniserregender Schritt ist, besonders in einer Zeit, in der fortschrittliche Organisationen hierzulande aufgrund der eingeschränkten Meinungsfreiheit im Staat ständige Unterstützung brauchen, […] es ist wichtig, diesen Schritt als Teil eines Trends zu verstehen, der die demokratischen Räume auch in Deutschland schrumpfen lässt, was die Situation in Israel und in Palästina betrifft."

Haaretz zitiert eine Quelle in der deutschen Regierung, die sagte, dass "Israels Sicherheit und sein Recht, als jüdischer Staat zu existieren, im Mittelpunkt der Überlegungen für jede Finanzierung stehen, insbesondere nach den Schrecken des 7. Oktober und dem weltweiten Anstieg des Antisemitismus" (Quelle auf Hebräisch ). In der Praxis unterstützt Deutschland die israelische Regierung weiterhin politisch , rechtlich und militärisch (siehe BIP-Aktuell #283 ), verweigert aber zwei der sehr wenigen Organisationen in Israel, die anerkennen, dass der israelische Angriff auf Gaza einem Völkermord gleichkommt, die Unterstützung.

Quelle:  BIP e.V. - BIP-Aktuell #332.

Siehe ebenfalls:

Veröffentlicht am

15. Januar 2025

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