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Tag des Flüchtlings am 3. Oktober 2003: Engagieren Sie sich für ein Bleiberecht

Es gibt rund 230.000 Menschen in Deutschland, die zwar registriert sind, aber kein Aufenthaltsrecht haben: Behördlich »geduldet«, sozial ausgegrenzt, von Abschiebung bedroht. Viele von ihnen sind seit Jahren, manche ihr ganzes Leben hier. Doch eine gesicherte Lebensperspektive haben sie nicht. PRO ASYL fordert zum Tag des Flüchtlings am 3. Oktober 2003: Engagieren Sie sich für ein Bleiberecht langjährig Geduldete.

In einem Anschreiben von PRO ASYL heißt es:

In der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 2003 stürzt die Polizei in das Zimmer der Familie B. in einem Asylbewerberwohnheim in Thüringen. Der schlafenden 20-jährigen Ibadete wird die Bettdecke weggerissen: “Aufstehen, es geht nach Jugoslawien.” Ibadete und ihre ebenfalls volljährige Schwester sollen abgeschoben werden - ohne Eltern und Geschwister. Minuten später springt die junge Frau aus dem Fenster im 3. Stock.

12 Jahre lebte Familie B. voll integriert in Deutschland. Ibadete ist hier aufgewachsen, in der Berufsschule zeigte sie gute Leistungen. Ihre verzweifelte Tat ist ein Zeugnis der tiefen Angst, die für viele langjährig Geduldete mit einer Abschiebung verbunden ist. Derzeit liegt Ibadete B. mit zerschmettertem Kiefer, gebrochenen Beinen und inneren Verletzungen im Koma. PRO ASYL wird Familie B. unterstützen, rechtliche und politische Möglichkeiten für ein Bleiberecht zu suchen.

Langjährig Geduldete brauchen ein Bleiberecht!

Ibadete B. ist nicht die erste, die die drohende Abschiebung in die Verzweiflung treibt. Viele tausend Menschen in Deutschland sind in der gleichen Situation wie Familie B. Sie leben zwischen den Welten: Ihr Asylantrag ist abgelehnt - aber sie können nicht zurück. Sie werden jahrelang geduldet, aber immer nur für eine kurze Frist.
Sie leben in permanenter Angst und Ungewissheit - aber sie sehen keine Alternative.

PRO ASYL setzt sich deshalb für eine großzügige Bleiberechtsregelung ein. Betroffen sind über 150.000 Menschen, die endlich eine gesicherte Lebensperspektive brauchen. Wir können auf breite gesellschaftliche Unterstützung zählen: Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen haben sich hinter unsere Forderung gestellt. Überdies gibt es bereits viele Initiativgruppen vor Ort, die konkrete Hilfe leisten und in Einzelfällen immer wieder erfolgreich ein Bleiberecht durchsetzen.

Doch trotz einzelner Erfolge haben die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker bis heute keine generelle BIeiberechtsregelung beschlossen. Im Gegenteil:

Verantwortliche Politiker stellen sich taub.

Die Innenminister der Bundesländer haben auf ihrer Konferenz am 15. Mai 2003 entschieden, dass “möglichst bald” mit der Abschiebung afghanischer Flüchtlinge begonnen werden soll. Und dies, obwohl sich der UN-Sicherheitsrat erst kürzlich sehr besorgt über die täglichen gewaltsamen Auseinandersetzungen im Land gezeigt und vor einer ernsten Bedrohung des Stabilisierungsprozesses gewarnt hatte. Auch bei Minderheiten aus dem Kosovo drängen die Innenminister trotz prekärer Sicherheitslage auf eine “Erweiterung der Rückführungsmöglichkeiten”. Sogar über Abschiebungsmöglichkeiten von irakischen Flüchtlingen denken die Innenminister jetzt bereits nach - und dies, obwohl die wirtschaftliche Situation im Irak katastrophal und die politische Zukunft des Landes völlig unklar ist.

Auf der Bundesebene sieht es leider nicht besser aus: Auch der Regierungsentwurf für ein Zuwanderungsgesetz sieht keine Bleiberechtsregelung für .Iangjährig Geduldete vor. Nach der Verabschiedung durch den Bundestag und der Ablehnung im Bundesrat wird der Gesetzentwurf im Vermittlungsausschuss verhandelt. Dort könnte auch eine Bleiberechtsregelung in den Gesetzentwurf aufgenommen werden. Die FDP hatte dies in ihrem Gesetzentwurf vom März 2003 getan. Alles deutet darauf hin, dass erst nach der Landtagswahl in Bayern am 21. September ernsthaft verhandelt wird. Wir haben also noch Zeit, die Idee an. die Verantwortlichen heranzutragen.

Jetzt sind Sie gefragt.

Um endlich bei den Verantwortlichen Gehör zu finden, muss der gesellschaftliche Druck weiter wachsen. Nur wenn sich noch mehr Menschen vor Ort engagieren, können wir politischen Handlungsdruck erzeugen. Die Erfahrungen der aktiven Einzelpersonen und Gruppen zeigen: Besonders wichtig ist es, dass die Flüchtlinge selbst zu Wort kommen. Der direkte Kontakt zu Betroffenen, die authentischen Schilderungen von erniedrigenden Lebensbedingungen, von einem Dasein zwischen Hoffnung und Angst lassen auch Politikerinnen und Politiker nicht kalt.

Was können Sie tun?

Es gibt viele Möglichkeiten, vor Ort aktiv zu werden:

Der 3. Oktober ist der Tag des Flüchtlings. Nutzen Sie dieses Datum für eine Diskussionsveranstaltung. laden Sie dazu betroffene Flüchtlinge und lokale Politikerinnen und Politiker, auch aus den Bezirksvertretungen, ein.

Gehen Sie mit betroffenen Flüchtlingen in die Sprechstunde des/der Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises. Diese sollen sich dafür einsetzen, dass im Zuwanderungsgesetz eine Bleiberechtsregelung beschlossen wird.

Sprechen Sie auch mit Landtagsabgeordneten Ihres Wahlkreises. Schreiben Sie Ihrem Landesinnenminister. Auch Innenminister können eine Bleiberechtsregelung auf Länderebene initiieren.

Schließen Sie Bündnisse. Fragen Sie Arbeitgeber von Flüchtlingen, Ärztinnen und Arzte, die Geduldete behandeln, Leiterinnen und Leiter von Ausländerbehörde Kindergärten und Schulen nach ihrer Unterstützung. Richten Sie Runde Tische ein und überlegen Sie, was die Kommune für Geduldete tun kann.

Gehen Sie auf die Straße. Werben Sie auf Kundgebungen oder mit kleinen Aktionen in der Fußgängerzone für ein Bleiberecht.

Wenden Sie sich an die örtliche Presse. Sie kann über Einzelschicksale berichten und die Bleiberechtsforderung bekannt machen.

Der Tag des Flüchtlings ist der Schlusspunkt der Interkulturellen Woche. Auch Gottesdiensten und. anderen Veranstaltungen sollten Geduldete beteiligt und die Bleiberechtsforderung zum Thema gemacht werden.

Schicken Sie Bilder und Berichte von Ihren Aktionen oder Stellungnahmen von Politikerinnen und Politikern an PRO ASYL. Das Wissen über eine breite Beteiligung an der Bleiberechtskampagne hilft uns bei unserer politischen Arbeit.

PRQ ASYL unterstützt lokale Veranstaltungen zum Thema “Hier.geblieben! - Recht auf Bleiberecht” rund um den Tag des Flüchtlings am 3. Oktober mit einem Zuschuss, von bis zu 200 Euro. Die beste Aktion zum Tag des Flüchtlings prämieren wir mit 500 Euro.

Andrea Kothen, Referentin

PS: PRO ASYL bittet für seine Öffentlichkeitsarbeit um Informationen über vorgesehene Veranstaltungen.

Kontakt: Förderverein PRO ASYL e.V., Postfach 160624, 60069 Frankfurt/M., Tel. 069/230688, Fax 069/230650, E-Mail proasyl@proasyl.de, Internet www.proasyl.de

In einem Artikel beleuchtet PRO ASYL die Hintergründe zu den Geduldeten und stellt Forderungen zum Bleiberecht auf. Mehr…

Veröffentlicht am

22. Juli 2003

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