Das Vermächtnis des gewaltfreien Kämpfers Martin Luther King. Tagesseminar im Lebenshaus fand guten AnklangGammertingen, 12.01.2004: Einen ganzen Tag lang mit dem 1968 ermordeten Martin Luther King beschäftigt haben sich zehn Menschen bei einem Tagesseminar im Lebenshaus in Gammertingen. Äußerer Anlass für die Veranstaltung war Kings bevorstehender 75. Geburtstag am 15. Januar. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars waren sich darin einig, dass die ausführliche Beschäftigung mit dem Vermächtnis dieses “Kämpfers der Gewaltfreiheit”, einem der größten Amerikaner der Geschichte, sehr interessant und wichtig war. Das Seminar war vom Verein Lebenshaus Schwäbische Alb e.V. und vom Internationalen Versöhnungsbund ? Landesgruppe Baden-Württemberg organisiert worden. Seminarleiter Michael Schmid, der sich seit vielen Jahren mit King beschäftigt und unter anderem vor zwei Jahren an einer mehrwöchigen Studienreise “Auf den Spuren von Martin Luther King” durch die USA teilgenommen hat, führte zunächst in das Leben Kings ein. Dieser sei am 15. Januar 1929 in eine mittelständische Pfarrersfamilie hineingeboren worden. In den Südstaaten der USA sei er früh mit der Rassentrennung zwischen Weißen und Schwarzen konfrontiert gewesen. Er habe am eigenen Leib die Nachteile eines Schwarzen erlitten. Nach schwarz und weiß getrennte Kirchen, Schulen und Wohnviertel, getrennte Plätze in Restaurants, Warteräumen und Bussen ? auf Schritt und Tritt sei die Rassentrennung Alltag gewesen. Der junge Martin Luther habe aber von seinen Eltern mit auf den Weg bekommen, dass er sich nie geringer als andere fühlen dürfe. “Du musst immer wissen, dass du ein Mensch wie andere bist”, habe ihm seine Mutter eingeschärft. Dieses Selbstverständnis, dass schwarze Menschen gleich viel wert seien wie ihre weißen Geschwister, habe King dann später den Schwarzen gepredigt und vorgelebt. Beim Seminar wurde dann das Leben Kings anhand des Filmes “Dann war mein Leben nicht umsonst” auf eindrucksvolle Weise anschaulich. Kurz nachdem King Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts seine erste Pfarrerstelle in Montgomery angetreten hatte, gab es einen Boykott von Bussen. Schwarze waren es leid, immer wieder gedemütigt zu werden, etwa indem sie aufstehen mussten, wenn Weiße deren Platz beanspruchten. Beim Boykott in Montgomery fuhren Schwarze über ein Jahr lang nicht mehr Bus, bis eine Gleichberechtigung der Rassen in den Bussen erkämpft war. Der junge Pfarrer King wurde unvermittelt zum Führer einer Bürgerrechtsbewegung für die Gleichberechtigung der Rassen, die sich mit der Zeit über das ganze Land ausbreitete. Im Geiste Gandhis setzte sich King dabei ständig dafür ein, dass alle Protestaktionen gewaltfrei durchgeführt wurden. Auch als weiße Rassisten Bomben auf Kings Haus warfen, beruhigte er die aufgebrachte Menge und forderte sie auf, Hass nicht mit Hass zu begegnen, sondern mit Liebe. Er selber war dabei schweren Bewährungsproben ausgesetzt. So gingen teilweise täglich bis zu 40 Briefe und Telefonanrufe mit Beschimpfungen und Drohungen bei ihm ein. King war massiven Verleumdungen ausgesetzt, es wurde etwa das Gerücht in die Welt gesetzt, er würde sich an Spendengeldern bereichern. King wurde rund 30 Mal verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Doch er ließ sich nicht von seiner Haltung abbringen: er war nicht bereit, Unrecht passiv hinzunehmen, es ging ihm um aktives Wehren, aber ein Wehren ohne Gewalt. Im Film sind viele Szenen von Protestaktionen der Bürgerrechtsbewegung zu sehen, von Märschen und Versammlungen, von brutalen Polizeieinsätzen und feindseligen Gegendemonstranten. In seinen späteren Jahren wurde King zunehmend zum entschiedenen Gegner des Krieges, den die USA in Vietnam führten. Zudem engagierte er sich immer mehr gegen die Armut. Damit wurde er auch für die eigene Regierung und für verschiedene Interessengruppen immer unbequemer. Schließlich wurde King am 4. April 1968 in Memphis erschossen. Er war gerade 39 Jahre alt geworden. Im Urteil des einzigen Gerichtsverfahrens, das wegen der Ermordung Kings 1999 stattfand, kamen die Geschworenen zum Urteilsspruch, dass ein weißer Wirtshausbesitzer und “andere, einschließlich Regierungsagenturen”, sich verschworen hatten, ihn umzubringen. Beim Gammertinger Seminar entspann sich im Anschluss an den Film eine interessante Debatte zu verschiedenen Fragestellungen. Es ging dabei beispielsweise um die Frage, ob ein gewaltfreier Protestmarsch nicht so provozierend auf manchen Menschen wirken könne, dass deren Aggressionen geschürt und dabei das Gegenteil von dem erreicht werde, was gewollt sei. Dem wurde entgegnet, dass gewaltfreie Aktionen durchaus provozierend wirken wollten, um auf Unrecht hinzuweisen und Gewalt überhaupt erst sichtbar zu machen. Es gab Äußerungen, dass King den USA heute fehle, es sonst dort anders, gerechter und friedlicher aussähe. Andere meinten, heute käme es weniger auf eine so charismatische Führungsgestalt wie King an, sondern auf Menschen, die sich ? durchaus im Sinne King’scher Gewaltfreiheit - an der Basis engagierten. Einig waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass es bei King viel zu lernen gebe, er ein Vorbild sei und es solche Menschen auch als Ermutigung für eigenes Engagement für Frieden und Gerechtigkeit unbedingt brauche. Beim Lebenshaus Schwäbische Alb e.V. wurde nach dieser gelungenen Veranstaltung bereits ins Auge gefasst, dieses Seminar im Herbst nochmals anzubieten. Außerdem besteht für interessierte Gruppen, Kirchengemeinden und Schulen die Möglichkeit, eine Veranstaltung zu diesem Thema zu vereinbaren. Kontakt: Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Bubenhofenstr. 3, 72501 Gammertingen, Tel. 07574-2862, Fax 07574-91110, Email info@lebenshaus-alb.de, Internet: www.lebenshaus-alb.de . Veröffentlicht amArtikel ausdrucken |
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